Es ist ein Gegenschlag, der die Russen empfindlich trifft: Am Dienstagnachmittag haben Explosionen auf der Halbinsel Krim mindestens zehn russische Flugzeuge sowie weiteres Kriegsmaterial zerstört. Wie es dazu kam, ist nicht klar.
Es könnte sich um einen Sabotageakt der Ukrainer handeln, es könnte aber auch sein, dass die Ukraine ihre ballistische Kurzstreckenrakete Hrim-2 fertig entwickelt hat und nun einsetzt. Sie hat eine Reichweite von 500 Kilometern und soll gemäss Medienberichten von Saudi-Arabien finanziert worden sein.
Auch der ukrainische Präsidenten-Berater Olexij Arestowytsch (47) sprach von einem «Angriff mit einer neuen ukrainischen Waffe, während die Partner uns noch keine weitreichenden Raketen schicken». Und er betonte, dass die ukrainische Rüstungsindustrie Fortschritte mache.
Selenski verspricht Rückeroberung
Nach den Explosionen auf der russischen Militärbasis Saki meldete sich der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) zu Wort. Er versprach seinen Landsleuten erneut die Befreiung der Krim. Er sagte: «Dieser russische Krieg gegen die Ukraine, gegen das ganze freie Europa, hat mit der Krim begonnen und muss mit der Krim enden – mit ihrer Befreiung.»
Die Ukrainer haben in den vergangenen Wochen an mehreren Orten Boden gutgemacht. Dies nicht zuletzt dank des amerikanischen Mehrfachraketenwerfers Himars, mit dem Ziele präzise bis in 84 Kilometer Distanz angegriffen werden können.
Weil die ukrainische Armee damit Munitionsdepots, Kommandozentralen, Gleisverbindungen, Lager und Werkstätten weit hinter den russischen Linien zerstören konnte, mussten Putins Truppen neue Munitionslager errichten, die teilweise hundert Kilometer von der Front entfernt liegen.
Stratege rechnet mit Ukraine-Erfolg
Das Kräfteverhältnis im Krieg in der Ukraine hat sich geändert – und wie. Eine Auswertung der Nasa, die per Satellit Temperatur-Anomalien erfasst, zeigt, dass der russische Artilleriebeschuss im Osten der Ukraine abgenommen hat. «Ich halte es für sehr realistisch, dass die Ukraine ihr Staatsgebiet komplett zurückerobert, einschliesslich der Krim», sagt Strategieexperte Mauro Mantovani (58) von der ETH-Militärakademie zu Blick.
Zwar fehle den Ukrainern für die Ausweitung der territorialen Kontrolle die nötige Anzahl gepanzerter Fahrzeuge. Der alternative Weg zum Erfolg heisse aber «Zermürbung der russischen Truppen in den besetzten Gebieten durch Partisanenangriffe, Sabotage und immer weiterreichende Artillerie, teilweise aus eigener Produktion». Es brauche aber auch ein politisches Umdenken in Moskau, etwa durch eine Ablösung von Präsident Wladimir Putin (69).
Eine wichtige Rolle für die Rückeroberung spiele die Brücke, welche die Russen 2018 zwischen dem russischen Festland und der Halbinsel Krim fertiggestellt haben. Mantovani: «Die Zerstörung dieser Brücke von Kertsch rückt in den Bereich des Möglichen und würde solches Umdenken befördern.»