Der Ukraine-Krieg ist mittlerweile ins Stocken geraten. Seitdem die ukrainischen Streitkräfte vergangenen Herbst Cherson im Süden des Landes zurückerobert haben, ist die Frontlinie praktisch unverändert geblieben. Auch die von den Ukrainern gestartete Offensive ist im Sand verlaufen. Es zeichnet sich ein blutiger Stellungskrieg ab.
Laut dem österreichischen Militärhistoriker Markus Reisner ist das keine gute Entwicklung. «Der Westen ist darauf nicht vorbereitet», sagt der Experte im Interview mit der «Deutschen Welle». Statt den Tatsachen ins Auge zu schauen, glaube der Westen immer noch daran, dass die Ukraine in der Lage ist, Russland zu besiegen. Der Krieg werde seit 20 Monaten «schöngeredet», findet Reisner.
Ukraine muss im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit bleiben
Dem Experten zufolge bleiben dem Westen nur zwei Optionen übrig. Eine Möglichkeit sei es, «All-in» zu gehen. «In diesem Fall müssten aber jede Woche vier bis fünf beladene Militärzüge in die Ukraine fahren.»
Die andere Möglichkeit sei es, sich selbstkritisch einzugestehen, dass es nicht möglich ist, den Krieg zu gewinnen. Das müsse man dann aber den Ukrainern sagen. Möglicherweise müsse man dann mit Verhandlungen beginnen, allerdings mit dem Eingeständnis, dass die Staatsgrenzen der Ukraine, so wie sie jetzt sind, nicht erhalten bleiben können. Der Grund: Russland wird die Ukraine zerstören. Reisner: «Wenn es die Ukraine nicht schafft, weiter im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit zu bleiben und vor allem für die europäische Seite klarmacht, dass der Krieg um Europa möglicherweise in der Ukraine entschieden wird, dann wird es für die Ukraine schwierig werden.»
Aussichtslos sei die Lage aber nicht für die Ukraine. «Wenn es die Ukraine schafft, das Gegenteil zu bewirken, dann könnte sich der Konflikt in diese Richtung entwickeln.» (dzc)