Auf einen Blick
- Hisbollah greift Israel mit Raketen an
- Experte erwartet weiteren Angriff erst später
- Über 300 Raketen wurden auf Israel abgeschossen
Am Sonntag startete die Hisbollah im Libanon einen Angriff auf Israel. Über 300 Raketen sollen auf Israel abgeschossen worden sein. Grund für den Vergeltungsschlag: die Tötung ihres Militärchefs Fuad Schukr Ende Juli.
Israel verhängte am Sonntagmorgen ab sechs Uhr morgens für 48 Stunden den landesweiten Ausnahmezustand. Was der Hisbollah-Angriff zu bedeuten hat und warum er von mehreren Schlägen ausgeht, erklärt der deutsche Militär-Experte Ralph Thiele gegenüber «Focus».
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«Wir haben jetzt Teil eins gesehen», sagt der Experte über den Angriff der Hisbollah auf Israel. Er geht davon aus, dass die Miliz «in einer Art mittleren Stufe Schaden für Israel erzielen» will. Ein kompletter Flächenbrand soll noch nicht losgetreten werden.
Ausserdem schiesse die Hisbollah-Miliz mit billigen Raketen. «Diese werden dann abgefangen von teuren Raketen der Israelis» erklärt Thiele. Israel verfüge über Künstliche Intelligenz, die kalkuliert, wo die Raketen hinfliegen. Kurz gesagt: «Teure Abwehr gegen billigen Angriff.»
Hisbollah gehe taktisch vor
Der Hisbollah sei sich der teuren Abwehr der Israelis bewusst. Die Miliz könne mit ihren Raketen auf verschiedenen Stufen bis zu 500 Kilometer weit schiessen. «Die werden sie jedoch erst verwenden, wenn der Bestand der Luftverteidigung der Israelis etwas kleiner ist», erklärt der Militär-Experte. So hätten die Raketen höhere Chancen, durchzukommen.
Ralph Thiele schätzt die Chancen, dass die Strategie der Hisbollah funktioniere, als sehr hoch sein. «Sie müssen das konsequent und klug anstellen.»
Iran hielt sich zurück
Der Experte ist überrascht, dass der Iran den Angriff nicht aktiv unterstützt hat. Deshalb vermutet er eine gezielte Taktik der Hisbollah: «Man ermüdet zuerst einmal die Vorräte und den Verteidigungswillen der Israelis, bis man dann mit dem entscheidenden Schlag kommt.»
Der Experte rechnet also damit, dass der «entscheidende Schlag» erst später kommen wird. Dies könnten gezielte Raketen- und Bombenangriffe auf israelische Infrastruktur sein. «Direkte Bevölkerungszentren werden nicht das Ziel sein», vermutet Thiele.
Den befürchteten Flächenbrand schliesst der Experte aber weiterhin aus. Alle Seiten – darunter Iran, Israel, Hisbollah und die arabischen Staaten, wollen laut Thiele trotz der Angriffe keinen grossen Krieg.