Militär-Experte analysiert
Darum scheiterte Russlands Winteroffensive

Russland wollte in einer grossen Offensive den Donbass unter seine Kontrolle bringen. Dieser Versuch ist gescheitert. Grund dafür sind die erschöpften Soldaten und das milde Wetter.
Publiziert: 06.04.2023 um 10:21 Uhr
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Russland wollte in einer grossen Offensive den Donbass unter seine Kontrolle bringen. Dieser Versuch ist gescheitert.
Foto: IMAGO/Cover-Images

Als die russischen Streitkräfte eine grosse Winteroffensive ankündigten, waren sich viele Experten einig: Diese Strategie wird nicht aufgehen. Zu erschöpft sind die verfügbaren Einheiten.

Sie sollten recht behalten: In den vergangenen drei Monaten wurden die Ziele von Kreml-Chef Wladimir Putin (70) verfehlt. Die vollständige Eroberung des Donbass bleibt aus. Nach wie vor werden viele Gebiete von den Ukrainern eisern verteidigt.

«Angriffsziele waren zu offensichtlich»

Vor allem die kräftezehrende Schlacht um die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine schwächte beide Kriegsparteien erheblich. Der Häuserkampf belastete die russische Armee zusätzlich – laut Experten verloren tausende Soldaten im Kampf um die Stadt ihr Leben.

Militärexperte John Spencer von der amerikanischen Denkfabrik Madison Policy Forum ordnet gegenüber dem «Spiegel» die Gründe für das Scheitern ein: «Die Qualität der Truppen war schlecht, einen Überraschungseffekt liessen sie ebenfalls vermissen.»

Die Angriffsziele seien zu offensichtlich gewesen und machten es der ukrainischen Führung einfach, sich entsprechend vorzubereiten, erklärt Spencer. Die Ukrainer hätten zudem dichte Verteidigungslinien aufgebaut, die kein Durchkommen ermöglichten.

Nun Gegenoffensive der Ukraine

Die Natur spielte den Ukrainern ebenfalls in die Karten. Wälder fungierten bei Kämpfen im Norden des Landes gewissermassen als Schutzschild. Zudem sorgte der warme und nasse Winter für einen schlammigen Untergrund. Das machte es schwierig, für die Russen, ihre Manöver zu verrichten. Die Ukrainer hätten auch schon vorher gezielt russische Logistik angegriffen, um die Angreifer zu schwächen, so der Experte weiter.

Für Putins Truppen könnte es sogar noch schlimmer kommen. Die Ukrainer bereiten momentan einen grossen Gegenangriff vor und wollen in einigen Wochen mit der Frühlingsoffensive beginnen. Westliche Kräfte unterstützen das Land dabei mit der Ausbildung von Soldaten. Erstmals sollen auch neue Panzer eingesetzt werden.

Der Militärexperte meint hierzu: «Es ist für die Ukrainer logisch, die Landbrücke zur Krim zu durchbrechen.» Auch gibt es seit längerem Gerüchte um einen Angriff auf die südukrainische und russisch kontrollierte Stadt Melitopol. Die russischen Defensivstellungen werden dort aber als sehr stark eingeschätzt, deshalb könnte es für die Ukraine schwierig werden, diese zu durchbrechen. Die neuen Panzer könnten hier einen entscheidenden Wendepunkt darstellen. (ene)

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