Drosten mahnt zur Vorsicht
«Wir sind im Rennen mit der Delta-Variante»

Politiker zeigen sich trotz Impfkampagnen wieder besorgt. Auch Virologe Christian Drosten mahnt wegen der sich ausbreitenden Delta-Variante des Coronavirus: Die Virusvariante gehöre «wirklich ernst genommen».
Publiziert: 19.06.2021 um 01:38 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2021 um 10:08 Uhr
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Wir sind noch nicht über den Berg. So ähnlich äussert sich der renommierte Virologe Christian Drosten zur Coronarvirus-Krise.
Foto: imago images
Daniel Kestenholz

Politiker im Ausland warnen wieder zunehmend, dass die Pandemie noch nicht zu Ende ist. In England musste Premier Boris Johnson (56) nach einem scharfen Anstieg von Neuinfektionen und Todesfällen bereits geplante Lockerungen um einen Monat zu verschieben. Auch in den USA ruft Präsident Joe Biden (78) die Bevölkerungen ein weiteres Mal dazu auf, sich impfen zu lassen, um ein Ausbreiten der hoch ansteckenden Delta-Mutante zu verhindern.

In Deutschland drückt Bundeskanzlerin Angela Merkel (66) ebenfalls auf die Lockerungsbremse. Sie befürchtet, dass die Infektionszahlen bei einer kompletten Ausbreitung der Delta-Virusvariante wieder steigen könnten. Die Variante sei zu aggressiv, um den derzeitigen sogenannten R-Wert von 0,7 dauerhaft niedrig zu halten. Der R-Wert gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt. Merkel mahnte am Freitag: «Wir können nicht so tun, als wäre Corona vorbei. Auch wenn an einem solchen Sommerabend das Gefühl ist, da ist nichts mehr.»

«Müssen das jetzt wirklich ernst nehmen»

Das Virus macht trotz Reisebeschränkungen auch an Grenzen nicht halt. Auch in der Schweiz holt der aggressive Delta-Mutant auf. Nach Einschätzung des deutschen Virologen Christian Drosten (49) von der Berliner Charité gehöre die Delta-Variante ab sofort ernst genommen. «Ich bin mittlerweile so weit, dass ich sage: Wir sind hier jetzt im Rennen mit der Delta-Variante», so Drosten auf einem Online-Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin. «Wir müssen das ab jetzt wirklich ernst nehmen.»

Das Infektionsgeschehen erinnert den Experten an den Beginn der B.1.1.7-Epidemie, auch Alpha- oder britische Variante genannt, welche auch die Schweiz gegen Ende Winter in die dritte Pandemiewelle trieb. «Vom Gefühl her kann ich sagen, uns rufen immer mehr Leute an, die Ausbrüche beschreiben, immer mehr Labore.» Das erinnere ihn «an den Beginn der B.1.1.7-Epidemie in Deutschland, wo es genauso war», so Drosten. Er warnt davor, noch einmal die gleichen Fehler zu machen.

Eine mögliche vierte Welle im Herbst werde jedoch «nicht mehr pandemisch, sondern endemisch», erklärte Drosten diese Woche im NDR. Breitet sich eine Krankheit über Länder und Kontinente hinweg aus, wird von einer Pandemie gesprochen. Eine Endemie ist örtlich begrenzte Auftreten einer Erkrankung. «Natürlich wird die Fallzahl gen Winter wieder hochgehen», so Drosten. «Das kann auch schon im Herbst passieren. Aber das wird ab jetzt jeden Winter passieren.» Was jedoch als vierte Pandemiewelle angesehen werden könne, sei eher der Beginn einer «endemischen Phase».

Hoffen auf Sommerferien

Auch in Grossbritannien, so Drosten, habe sich die ansteckende Delta-Variante im Mai innerhalb weniger Wochen trotz fortgeschrittener Impfquoten ausbreiten können. Angesteckt hätten sich dabei vor allem junge Erwachsene – zum Beispiel beim Feiern oder in Pubs. Bereits angekündigte Lockerungen hat die englische Regierung darum nun wieder gestoppt.

Wenn sich die Infektionszahlen jede Woche wie bei den Briten verdoppeln, müsse man laut Drosten damit rechnen, dass Anfang Juli die Meldezahlen wieder hochgehen. Dabei begrüsst der Virologe das Nahen der Sommerschulferien: «Was auch helfen könnte, sind die Schulferien. In England ging es in den Schulen los. Das ist ein deutlicher Unterschied.»

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54 Prozent sind geimpft:Warum Grossbritannien vor der dritten Welle steht
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