Massive Säuberungswelle im russischen Militär
Putin räumt auf – diese Köpfe könnten nun rollen

Wladimir Putin hat eine massive Säuberungswelle im russischen Militär angeordnet. General Surowikin ist nicht der Einzige, der von Prigoschins Plänen gewusst haben soll. Wer als nächstes «verschwinden» könnte – und was für Putin auf dem Spiel steht. Eine Analyse.
Publiziert: 29.06.2023 um 12:48 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2023 um 16:46 Uhr
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Wladimir Putin fühlt sich von seinen Generälen hintergangen.
Foto: keystone-sda.ch
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Es ist verdächtig still geworden um Russlands ranghöchste Generäle. Während Kremlchef Wladimir Putin (70) versucht, seine durch Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin (62) infrage gestellte Autorität wiederherzustellen, sind seine wichtigsten Militärs von der Bildfläche verschwunden. Und das wohl nicht ganz freiwillig.

Russische Militärblogger berichten, dass die russische Regierung damit begonnen habe, Wagner-Unterstützer im eigenen Militär zu jagen. Der Telegram-Kanal Rybar schreibt von einer «massiven Säuberungswelle». Wie immer bei solchen Meldungen gilt aber auch hier: Verifizieren lassen sie sich nicht unabhängig. Doch es gibt klare Indizien, die zeigen, wer davon betroffen sein könnte.

Sergei Surowikin

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Seit Samstag fehlt von General Sergei Surowikin (56) jede Spur, berichten russische Medien. Er soll gemäss zwei dem Verteidigungsministerium in Moskau nahestehenden Quellen in Haft sitzen. Das berichtet die «Moscow Times» am Mittwoch. Denn er soll bereits im Voraus von Prigoschins Plänen gewusst – und nichts gesagt haben. Surowikin stellte sich zwar am vergangenen Freitag per Videobotschaft öffentlich hinter Putin – seine Loyalitäten lagen aber wohl bei Prigoschin.

Surowikin, wegen seines skrupellosen Einsatzes der russischen Luftwaffe im syrischen Bürgerkrieg gegen Zivilisten auch als «Schlächter von Syrien» bekannt, ist beliebt bei den russischen Truppen und Generälen. Der «General Armageddon» war bis Januar 2023 Kommandeur der russischen Streitkräfte in der Ukraine, bevor er abgesetzt wurde.

Waleri Gerassimow

Foto: AFP

Und auch Waleri Gerassimow (67), Russlands oberster General, ist seit der abgebrochenen Meuterei am Samstag weder in der Öffentlichkeit noch im staatlichen Fernsehen aufgetreten. Auch in Presseerklärungen des Verteidigungsministeriums wird er seit dem 9. Juni nicht mehr erwähnt. Gerassimow ist der Befehlshaber des russischen Krieges in der Ukraine und nach Ansicht einiger westlicher Militäranalysten im Besitz von einem der drei russischen «Atomkoffer».

Im Ukraine-Krieg galt er als inkompetent. Auch Wagner-Boss Prigoschin kritisierte Gerassimow immer wieder als «unfähig». Ob der Kreml die Chance genutzt hat und Gerassimow klammheimlich von seinem Posten entfernt hat, oder ob auch er unter Verdacht steht, Prigoschins Plan unterstützt zu haben, ist unklar.

Wiktor Solotow

Foto: Getty Images

General Wiktor Solotow (69), Chef der russischen Nationalgarde und ehemaliger Leibwächter Putins, sagte am Dienstag, dass aus dem Lager von Prigoschin in der vergangenen Woche Informationen darüber durchgesickert seien, «dass ein Aufstand vorbereitet wird und in der Zeit vom 22. bis zum 25. stattfinden wird», berichteten russische Staatsmedien. Heisst: Er wusste von Prigoschins Plan und entschied sich, zu schweigen, bis es zu spät war.

Zudem kann die Frage gestellt werden, wie Prigoschins Männer so leicht und so schnell bis kurz vor Moskau vorstossen konnten. Die heikle Antwort von Solotow, die aufhorchen liess: «Weil wir alle unsere Kräfte auf die Verteidigung Moskaus konzentrierten. Hätten wir sie aufgeteilt, wären sie durch uns hindurchgegangen wie ein Messer durch Butter.» Im Klartext: Die Nationalgarde, die für die innere Sicherheit Russlands zuständig ist, ist zu schwach.

Was das für Putin bedeutet

Foto: keystone-sda.ch

Der Fakt, dass Putins Spitzen-Generäle sich lieber auf die Seite des «Verräters» Prigoschin schlagen, als zu Putin zu halten, lässt den Verdacht aufkommen, dass das System Putin weniger stabil ist als angenommen. Russland-Experte Ulrich Schmid (57) bestätigt dies im Gespräch mit Blick. «Es gibt für Putin keinen guten Ausweg aus dieser Situation. Seine Autorität ist nachhaltig beschädigt.» Diese zu reparieren, wird schwierig – besonders ohne Rückhalt aus den eigenen Reihen.

Für den Kremlchef bedeutet seine eigens eingeleitete «Säuberungswelle» zudem vor allem eins: Instabilität und Chaos in einer Zeit, in der er auf den Rückhalt seines Militärs angewiesen ist. Dass er es in den unterschiedlichsten Bereichen seines Militärs mit Untreuen zu tun hat, macht es nicht leichter.

«In der Armeeführung wird in Zukunft eine Atmosphäre der Unsicherheit und allgemeiner Verdächtigungen herrschen», so Schmid. So bringt Putin wichtige und beliebte Akteure in seiner Armee gegen ihn und gegeneinander auf. Und das könnte zum Problem werden. Schliesslich steht es nicht gut um die russischen Ziele in der Ukraine. Und wenn ranghohe Personen aus unterschiedlichen Bereichen des Militärs ihm die Zusammenarbeit verweigern, wird er diese Probleme nicht lösen können.

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