Im Oktober 2020 reiste Franz Stadelmann (81) in den Schwarzwald, um mit Freunden auf Wildschweinjagd zu gehen. Was er damals noch nicht wusste: Im gleichen Haus wie er schlief auch Alexei Nawalny (†47). Die beiden verbrachten viel Zeit zusammen und wurden Freunde.
Dass der Kreml-Kritiker nun verstorben ist, geht Stadelmann nahe. «Er war so ein fröhlicher Mensch», erinnert sich der Luzerner. «Als ich von seinem Tod erfuhr, brach ich in Tränen aus. Er hatte so viel Freude am Leben und war so mutig. Das muss schrecklich sein für seine liebevolle Frau und seine zwei Kinder.»
Mehr zu Alexei Nawalny (†47)
«Er hatte eine riesige Freude»
Der Schweizer lernte Nawalny im Haus seines Freundes im Schwarzwald kennen. «Ich kannte ihn und seine Geschichte aus den Medien und war schon überrascht, als er plötzlich vor mir stand», erzählt der leidenschaftliche Volksmusiker.
Der Russe interessierte sich sehr für das Jagen und so nahmen Stadelmann und sein Freund ihn kurzerhand mit. Glück hatten sie dabei zwar keins, sie sahen keine einzige Sau. «Wegen all der Polizisten, die Nawalny begleiteten», ist sich der Entlebucher sicher. Doch die beiden verstanden sich blendend. «Immer wieder wollte er, dass ich ihm ein Ständchen singe. Er hatte eine riesige Freude.»
Die beiden Männer redeten bei ihrem restlichen Aufenthalt viel miteinander. «Er erzählte mir vom Leben in Russland, von Putins Reichtum und all den Villen, die er besitzt», erinnert sich der Volksmusiker. «Ich habe ihn gefragt, ob er denn keine Angst hat. Er hat mir dann gesagt, dass er den Kampf für die Freiheit führen muss und seinen Landsleuten helfen will.»
Das erzählte Nawalny im letzten Gespräch
Nach drei Tagen musste Franz Stadelmann wieder abreisen. Nawalny, der sich im Schwarzwald gerade von einer Vergiftung erholte, blieb noch länger im Ferienhaus – stets in Begleitung von seiner Frau, seinen zwei Kindern, zwei Dolmetschern und acht Polizisten.
Stadelmann erinnert sich noch gut an sein letztes Gespräch mit Nawalny. «Er erzählte mir, dass er nach der Genesung wieder zurück nach Russland möchte. Ich fragte ihn, wieso, und er antwortete mir, dass er für sein Vaterland kämpfen müsse. Er wolle nicht einfach im Ausland sitzen und zuschauen, sondern sich vor Ort gegen die Unterdrückung wehren.»