Der wohl bekannteste Kreml-Kritiker und russische Oppositionspolitiker Alexei Nawalny (†47) ist tot. Nach Angaben russischer Behörden soll er am Freitagvormittag in seiner Strafkolonie 3 gestorben sein. In einer Meldung des Strafvollzugdienstes heisst es, Nawalny habe angefangen, sich «nach einem Spaziergang schlecht zu fühlen». Er verlor daraufhin «fast sofort das Bewusstsein».
Die Sprecherin von Alexei Nawalny hat den Tod des Kreml-Kritikers bestätigt. «Alexei wurde ermordet», schrieb sie in einem Post auf X.
Weltweit sorgt die Nachricht für Schlagzeilen. Bereits vor seinem Tod gab es immer wieder Sorgen um Nawalnys Gesundheit. Denn: Bereits 2020 entkam er nur knapp dem Tod. Damals wurde er Opfer eines Giftanschlags. Nach einem Spitalaufenthalt in Deutschland kehrte er zurück nach Russland. Dort wurde er festgenommen und anschliessend zu einer langjährigen Haftstrafe im Straflager verurteilt.
Familie noch verunsichert
Nawalnys Frau Julia hat sich an einer Münchner Sicherheitskonferenz mit brüchiger Stimme zum Tod ihres Ehemannes geäussert. Sie war sich unsicher, ob sie den Berichten trauen soll. «Aber wenn es tatsächlich stimmt, dann möchte ich, dass Putin, seine Umgebung, Freunde und Regierung wissen, dass sie sich verantworten müssen. Für das, was sie unserem Land angetan haben, meiner Familie und meinem Mann. Und dieser Tag wird bald kommen.» Sie rief die internationale Gemeinschaft auf, sich zu vereinen und das «furchtbare Regime» zu bekämpfen. Nach der Rede reagierten die Teilnehmer der Konferenz mit stehendem Applaus.
«Ich möchte keine Beileidsbekundungen hören», sagte hingegen die Mutter von Nawalny, Ljudmila Nawalnaja, wie die kremlkritischen Zeitung «Nowaja Gaseta» zitiert. Erst am vergangenen Montag soll sie ihren Sohn im Straflager besucht haben. «Er war lebendig, gesund und lebenslustig.»
Schweiz betroffen vom Tod des Kreml-Kritikers Nawalny
Nach dem Tod des Kreml-Gegners Alexei Nawalny hat sich das Schweizer Aussenministerium bestürzt geäussert. Der Russe sei ein Verfechter der Demokratie und der Grundrechte gewesen, schrieb das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Freitag auf X. Das EDA erwarte, dass eine Untersuchung über die Todesursache eingeleitet werde und sprach Nawalnys Familie sein Beileid aus.
Auch Amnesty Schweiz zeigt sich bestürzt. Gegenüber Blick sagt ein Sprecher: «Es ist eigentlich ein Tod mit Ankündigung gewesen. Jetzt, wo es aber passiert ist, ist man doch überrascht und extrem bestürzt, dass es möglich ist, dass der stärkste Oppositionelle in Putins Russland einfach so zum Verschwinden gebracht wird.» Mehr dazu im Video.
US-Präsident Biden macht Putin für Nawalnys Tod verantwortlich
US-Präsident Joe Biden macht den russischen Präsident Wladimir Putin für den Tod des Kremlkritikers Nawalny verantwortlich. Man wisse zwar nicht genau, was passiert sei, aber es gebe keinen Zweifel daran, dass der Tod Nawalnys eine Folge vom Handeln Putins seiner Verbrecher sei, sagte Biden am Freitag im Weissen Haus. Nawalnys Tod sei ein weiteres Zeichen für die Brutalität des russischen Regimes. Dann würdigte Biden den Kreml-Kritiker: Nawalny sei so viele Dinge gewesen, die Putin nicht gewesen sein.
Der US-Aussenminister Anthony Blinken (61) fand am Freitag vor Journalisten ebenso harte Worte. Auch er erklärte, dass die USA noch um weitere Bestätigungen zu Nawalnys Tod bemüht seien. Gleichzeitig sagte er: «Dafür ist Russland verantwortlich. Mehr als ein Jahrzehnt lang hat die russische Regierung – Putin – Alexei Nawalny strafrechtlich verfolgt, vergiftet und eingesperrt, nun berichtet sie von seinem Tod.» US-Vizepräsidentin Kamala Harris (59) hat die Berichte währenddessen als «schreckliche Nachricht» bezeichnet.
Deutscher Bundeskanzler Scholz entsetzt
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (65) zeigt sich entsetzt – und macht den Kreml verantwortlich: «Wir wissen nun ganz genau, was das für ein Regime ist», so der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (46) erinnerte er daran, wie Nawalny sich in Deutschland vom Giftanschlag erholte. Er habe grossem Mut darin bewiesen, nach Russland zurückgekehrt zu sein. «Und wahrscheinlich hat er diesen Mut jetzt bezahlt, mit seinem Leben.»
Scholz beteuerte weitergehend, dass jeder, der in Russland Kritik äussere und sich für die Demokratie einsetze, um Sicherheit und Leben fürchten müsse. «Es ist etwas ganz Furchtbares, auch als ein Zeichen, wie sich Russland verändert hat. Nach den nun leider schon lange zurückliegenden hoffnungsvollen Entwicklungen, die in Richtung Demokratie gegangen waren, ist das längst keine Demokratie mehr.»
Ursula von der Leyen (65), Präsidentin der Europäischen Kommission, feuerte per X ebenso heftig gegen den Kreml. «Putin fürchtet nichts mehr als die Meinungsverschiedenheiten seines eigenen Volkes.» Der Tod Nawalnys sei «eine düstere Erinnerung daran, worum es bei Putin und seinem Regime geht.»
Selenski: «Für mich ist klar, dass er getötet wurde»
Der ukrainische Präsident Selenski äusserte sich während dem Treffen mit Scholz ebenso. Er sagte, dass es offensichtlich sei, dass Nawalny von Putin umgebracht wurde. «Alexei Nawalny ist in einem russischen Gefängnis gestorben – für mich ist klar, dass er getötet wurde», so der Politiker. «Putin ist es egal, wer stirbt, solange er in seiner Position bleibt – und deshalb sollte er alles verlieren», fuhr Selenski fort. Er forderte, dass Putin zur Rechenschaft gezogen wird. Der Kreml-Chef müsse «für seine Verbrechen bezahlen».
Deutscher Politiker: «Putin ist ein Mörder»
Der deutsche Bundesminister für Gesundheit, Karl Lauterbach (60), hat per X seine Trauer ausgedrückt. «Heute spricht man nicht mehr von Helden. Aber für mich war Nawalny ein Held. Durch seinen Widerstand hat er früh der Welt klargemacht, dass Putin ein rücksichtsloser Verbrecher im Amt ist», schrieb er in einem Beitrag.
Johannes Vogel (41), ein deutscher FDP-Politiker, geht weiter. Er macht den russischen Präsidenten Wladimir Putin (71) verantwortlich. «Über Putins tödliche Brutalität darf sich niemand jemals täuschen. Putin ist ein Mörder.» Auch Omid Nouripour, Bundesvorsitzender der Grünen, ist schockiert – und geht von einem Tötungsdelikt aus. «Nawalny hat Putin und seinem korrupten, menschenverachtenden Regime die Stirn geboten, wurde dafür zu Unrecht weggesperrt und jetzt ermordet.»
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (43) hat sich per X ebenso zu Wort gemeldet. Ihr Statement lässt anmuten, dass der Kreml für den Tod verantwortlich sein könnte: «Wie kaum ein anderer war Alexei Nawalny ein Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland. Genau deswegen musste er sterben.»
Lettland und Norwegen beschuldigen Kreml
Lettland hat dem Kreml direkt nach Bekanntwerden des Todes Mord vorgeworfen. Präsident Edgars Rinkevics (50) erklärte auf X, Nawalny sei «brutal vom Kreml ermordet» worden. «Dies ist ein Fakt und etwas, was man wissen sollte über den wahren Charakter des gegenwärtigen russischen Regimes», hiess es weiter.
Norwegens Aussenminister Espen Barth Eide schrieb zudem auf X, die russische Regierung trage eine «starke Verantwortung» für den Tod Nawalnys. Auch er drückte sein Beileid aus.
Russischer Unternehmer: «Putin trägt persönlich Verantwortung»
Selbst in Russland sorgt der Tod für Unruhen. Der russische Unternehmer Michail Chodorkowski hat sich per Telegram geäussert. Auch er beschuldigt Putin. «Nach offiziellen Angaben des Bundesstrafvollzugsdienstes ist Alexei Nawalny heute in einer Kolonie gestorben. Wenn dies wahr ist, dann trägt, unabhängig vom formalen Grund, Wladimir Putin persönlich die Verantwortung für den vorzeitigen Tod, der zuerst die Vergiftung von Alexei genehmigte und ihn dann ins Gefängnis steckte.»
Belarussische Politikerin: «Er wurde absichtlich getötet»
Die belarussische Politikerin Swjatlana ZichanouskajaIch fand klare Worte: «Ich habe keinen Zweifel daran, dass Alexei Navalny vom Putin-Regime absichtlich getötet wurde. In Belarus werden derzeit Dutzende politische Gefangene von einem mit Putin verbündeten Regime ohne Kontakt zur Aussenwelt festgehalten.» Sie appelliert an die Weltgemeinschaft, Massnahmen zu ergreifen.
Rishi Sunak hält sich mit Kreml-Kritik zurück
Der britische Premierminister Rishi Sunak (43) zeigte sich zwar zutiefst bestürzt, machte aber zunächst keine Anschuldigungen. «Das sind schreckliche Neuigkeiten», beteuert er auf X. «Als schärfster Verfechter der russischen Demokratie bewies Alexei Nawalny sein Leben lang unglaublichen Mut», so der britische Politiker weiter. Seine Gedanken seien bei Nawalnys Frau und dem russischen Volk, für die der Tod eine «grosse Tragödie» sei.
Der britische Aussenminister Davin Cameron (57) bezeichnete Nawalny als «mutigen Kämpfer gegen Korruption», der für die Demokratie und Gerechtigkeit kämpfte. «Und schauen Sie, was Putins Russland ihm angetan hat», so der Politiker zum Sender Sky News. Cameron macht den Kreml-Chef höchstpersönlich verantwortlich: «Wir sollten Putin dafür zur Verantwortung ziehen, und niemand sollte nach dem, was gerade passiert ist, Zweifel an der schrecklichen Natur von Putins Regime haben».
Macron: «Wut und Empörung»
Stéphane Séjourné (38), der französische Minister für Europa und auswärtige Angelegenheiten, drückte per X im Namen Frankreichs sein Beileid für Nawalnys Familie und das russische Volk aus. Er schrieb, dass Nawalny für seinen «Widerstand gegen ein Unterdrückungssystem» mit seinem Leben zahlte. «Sein Tod in einer Strafkolonie erinnert uns an die Realität des Regimes von Wladimir Putin», so der Politiker.
Frankreichs Staatspräsident, Emmanuel Macron (46), kam einige Stunden später zu Wort. Er schrieb auf X: «Im heutigen Russland werden Freigeister in den Gulag geschickt und zum Tode verurteilt. Wut und Empörung.» Weitergehend würdigt der Franzose Nawalnys Mut und Einsatz. Seine Gedanken sind bei der Familie, den Angehörigen und dem russischen Volk.
Italien fordert Untersuchung
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (47) hat eine Aufklärung der Todesumstände verlangt. «Wir hoffen, dass über dieses beunruhigende Ereignis volle Klarheit geschaffen wird», erklärte die amtierende Vorsitzende der G7-Staaten am Freitag in Rom. «Der Tod von Alexei Nawalny während seiner Haft ist ein weiteres trauriges Kapitel zur Mahnung an die internationale Gemeinschaft.»
Russisches Aussenministerium verurteilt westliche Schlussfolgerungen
Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Aussenministeriums, hat die Reaktionen der westlichen Länder scharf kritisiert. Die Aussagen der Nato-Führer zeigten «ihr wahres Gesicht». Sie betont: «Es gibt noch keine forensische Untersuchung, aber die Schlussfolgerungen des Westens liegen bereits vor.»