Russland und Belarus wollen im Ukraine-Krieg gemeinsame Kampfeinheiten entsenden. Das teilte der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko (68) am Montag mit, nachdem er sich kurz zuvor mit Kreml-Chef Wladimir Putin (70) in St. Petersburg getroffen hatte. Lukaschenko habe die Aufstellung der Truppen bereits vor zwei Tagen befohlen. Sie seien in Belarus stationiert.
«Wir haben beschlossen, einen regionalen Verbund der Russischen Föderation und der Republik Belarus aufzustellen», sagte Lukaschenko laut der staatlichen belarussischen Nachrichtenagentur Beta. Angaben zum Standort der Truppen machte er allerdings nicht. Der Ukraine warf er vor, einen Angriff auf Belarus vorzubereiten. Das sei auch der Grund für diese Entscheidung.
Ankündigungen für Lukaschenko riskant
Seit Kriegsbeginn im Februar war ein belarussischer Kriegseintritt immer wieder Thema von Spekulationen. Belarus spielt im Krieg gegen die Ukraine eine nicht unwesentliche Rolle: So war es für die Russen seit Beginn des Krieges möglich, die ukrainische Hauptstadt Kiew von dort aus anzugreifen – vermutlich erfolgten auch die jüngsten Angriffe von Belarus aus. Und immer wieder haben belarussische und russische Streitkräfte von Stützpunkten in Belarus aus Übungen und Manöver abgehalten. Belarus-Truppen kamen bislang allerdings nicht zum Einsatz.
Bloss: Ob Lukaschenko seine Truppen wirklich bald in den Krieg gegen die Ukraine schickt, ist noch unklar. Auch wie die belarussisch-russische Truppengruppe zusammengestellt sei, liess Lukaschenko zunächst offen. Derzeit ist unklar, inwieweit der Einsatz der belarussischen Truppen die Lage an der Front zu verändern vermag. Denn anders als die ukrainische Armee ist die belarussische nicht wirklich kampferfahren. Lukaschenkos Truppen könnten darum wohl ukrainische Einheiten in der Region um die ukrainische Hauptstadt Kiew binden. Und so vor allem eine Verstärkung an den südlichen und östlichen Fronten erschweren.
Für Carlo Masala (54), Professor für Internationale Politik an der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften der Universität der Bundeswehr München, stellt dieser Schritt für Lukaschenko ein Risiko dar, wie er auf Twitter schreibt. Denn: Weder im Militär noch in der belarussischen Bevölkerung gebe es grosse Sympathien für eine Beteiligung belarussischer Streitkräfte am Ukraine-Krieg, so der Experte.
Belarus droht Verlust der Ukraine als Handelspartner
Mit der Unterstützung Russlands könnte Lukaschenko auch wirtschaftliche und politische Risiken eingehen. Zieht er gegen die Ukraine in den Krieg, könnte er das Land als wichtigen Handelspartner verlieren. Belarus und die Ukraine sind strategische Partner und unterhalten in vielen Bereichen enge Beziehungen, wie die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in einer Analyse schreibt.
Auch das Verhältnis zur EU und den Nato-Mitgliedstaaten dürfte unter den jüngsten Ankündigungen Lukaschenkos weiter leiden. Es ist seit den Protesten 2020 bereits sehr belastet. Damals belegte die EU Belarus mit zahlreichen Sanktionen. Lukaschenko wird sich auch die Frage stellen müssen, ob ein Kriegseintritt und damit verbundene mögliche neue Sanktionen nicht abermals Proteste in Belarus befeuern. (oco)