Immer wieder musste Wolodimir Selenski (45) darum bitten. Seine Beharrlichkeit zahlt sich aus. Die Ukraine soll Kampfjets des amerikanischen Typs F-16 erhalten. Der Kampfjet des US-Rüstungskonzerns Lockheed Martin wird von 25 Staaten eingesetzt und ist das am meisten verbreitete Kampfflugzeug der Welt.
Mit der Lieferung der Jets ist es aber nicht getan. Die ukrainischen Piloten brauchen eine Umschulung. Denn: Die Ukrainer fliegen derzeit alte Mig-29, die noch aus der Zeit der Sowjetunion stammen. Die letzte Maschine wurde 1983 produziert. Was nach einem Nachteil klingt, ist genau das Gegenteil.
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«Grundsätzlich kann man sagen, dass die von den ukrainischen Piloten geflogene Mig-29 und die noch etwas moderneren Su-27 in etwa dem Standard des F-16 entsprechen, was die Umschulung relativ einfach macht und schnell zu bewerkstelligen ist», sagt Hansjörg Egger, Ex-Angehöriger der Schweizer Luftwaffe, zu Blick.
Denn die F-16 ist auch nicht gerade neu. Entwickelt wurde sie in den 1970er Jahren als wendiger, vergleichsweise kostengünstiger und vielfältig einsetzbarer Kampfjet. Egger zu Blick: «Es braucht ein paar wenige Einweisungsflüge. Die Umschulung dürfte so drei bis vier Wochen in Anspruch nehmen.» Das gelte aber nur für klar definiert Einsätze. «Soll die ganze Performance des F-16 ausgeschöpft werden, wie Luft-Luft-, Erdkampf und Aufklärung, bedarf es entsprechend länger.»
Anders würde es aussehen, würde die Ukraine moderne Kampfjets kriegen, zum Beispiel den F-35. «Da wäre selbst ein ausgebildeter Militär-Pilot überfordert, wenn er sonst nur Modelle der Vorgänger-Generationen kennt. Das sind ganz andere Systeme, ganz andere Maschinen.» Die neuen Jets sind viel komplexer. «Da bräuchte es Monate, um die Piloten entsprechend zu schulen und die entsprechende Infrastruktur bereitzustellen.»
Wenn es nur ums Fliegen ginge, könnten die Ukrainer auch direkt starten. «Das ist vergleichbar mit dem Autofahren. Wenn einer einen BMW fahren kann, ist ein Mercedes kein Problem. Für die Piloten wird viel entscheidender der Umgang mit den Waffen und den Abwehrmassnahmen sein. Das ist ja das Wichtige im Krieg», erklärt der Aviatik-Experte.
So eine Umschulung könne zu 90 Prozent am Boden stattfinden, da die Piloten in erster Linie nur die Waffensysteme kennenlernen müssen. Und das gehe gut in einem Simulator. «Im Grunde könnte man die Ukrainer in die Jets setzen und sagen: ‹Da ist der Knopf, um die Raketen zu starten und da der Hebel für den Bombenabwurf.› Und alle übrigen, nicht relevanten Instrumente abkleben. Das Wichtigste ist, die Rakete ins Ziel zu bringen.» Alles andere sei nebensächlich.
In Friedenszeiten wäre das was anderes, erklärt Egger. «Da würde man jedes Detail erklären und jedes Szenario durchspielen. Diese Zeit hat die Ukraine nicht.»