Populisten setzen Italiens neuen Premier bereits unter Druck
Super-Mario im Gegenwind

Noch bevor der neue Regierungschef in Rom vor den beiden Kammern des Parlaments seine Vertrauensfrage stellen kann, rumort es in der grossen Koalition.
Publiziert: 16.02.2021 um 15:55 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2021 um 16:51 Uhr
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Mario Draghi ist der neue Premier Italiens. Weil er einst als Chef der Europäischen Zentralbank den Euro rettete, erhielt er den Spitznamen «Super-Mario».
Foto: imago images/Insidefoto
Myrte Müller

Das fängt ja gut an. Mario Draghi (73) hat noch nicht die Vertrauensfrage stellen können, da bläst Italiens neuem Regierungschef schon mächtig Gegenwind entgegen. Von rechts aussen und vom linkspopulistischen Rand. Die ersten Köpfe werden gefordert, nur vier Tage nach der Vereidigung des bunten Kabinetts. Super-Mario, wie der einstige Chef der Europäischen Zentralbank heute hoffnungsvoll genannt wird, braucht nun auch Superkräfte, um die fragile Koalition zusammenzuhalten.

Erster Stein des Anstosses: Am Wochenende hatte Gesundheitsminister Roberto Speranza (42) im Schnellschuss den zum Wochenbeginn angekündigten Start in die Ski-Saison gekippt. Ski laufen darf man nun erst ab 5. März. Wenn überhaupt noch. Eine Entscheidung mit dem Segen Draghis, berichten italienischen Medien.

Salvini: «Schluss mit Experten, die immer nur Angst schüren»

Der Chef der Corona-Taskforce doppelte am Sonntag nach. Über die Medien warb Walter Ricciardi (61) für einen harten Lockdown – einen ganzen Monat lang (BLICK berichtete). Grund ist die drohende dritte Welle durch tückische Corona-Varianten aus Grossbritannien und Südafrika.

Das sorgt für Empörung. «Mir fehlen die Worte», poltert Lega-Politiker Matteo Salvini (47) in einem Radio-Interview und findet sie dann doch: «Wir können diese Experten nicht mehr ertragen, die über die Medien ständig nur Angst schüren.» Der rechtsnationalistische Partei-Führer fordert, Ricciardi solle gehen. Auch den Corona-Beauftragten Domenico Arcuri (57) und dessen Impfstrategie würde Matteo Salvini am liebsten von hinten sehen. «Impfzentren zu errichten ohne Impfstoff ist wie ein Haus vom Kamin abwärts zu bauen», spottet der Lega-Chef.

Mehr als jeder fünfte «Sterne»-Politiker will Mario Draghi nicht

Harsche Kritik am Ski-Stopp kommt auch vom neuen Tourismus-Minister. Man habe überhaupt kein Respekt vor den Arbeitern in den Wintersportgebieten, schimpft Lega-Parteifreund Massimo Garavaglia (52) und fordert sofortige Entschädigung für die verpatzte Saison. Mit im Chor sind die Gouverneure der Regionen Lombardei, Friaul und Venetien.

Auch in der Fünf-Sterne-Bewegung regt sich gefährlicher Widerstand. Zwar hatten 59 Prozent der Partei-Basis über eine Online-Abstimmung der Zusammenarbeit mit Mario Draghi zugestimmt, doch nun macht sich zunehmend Enttäuschung breit. Mario Draghi hatte das von den «Sternen» geforderte «Superministerium für ökologischen Wandel» nicht mit einem Minister ihrer Partei besetzt. Zudem zählen viele Draghi zur alten Elite. Am Mittwoch kommt es zur Vertrauensfrage. Dem «Corriere della Sera» zufolge, wollen 70 der 333 Abgeordnete und Senatoren gegen «Super-Mario» stimmen.


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