Italien braucht Taten. Dringend. Mitten in der Pandemie lähmen Lockdowns die eh angeschlagene Wirtschaft. Das Virus grassiert weiter, und die Impfungen stocken. Zwei Millionen Arbeitsplätze wanken. Es drohen Tausende von Insolvenzen. Und die Staatskassen sind gähnend leer. Die hausgemachte Regierungskrise, die den Rücktritt von Ex-Premier Giuseppe Conte zur Folge hatte (BLICK berichtete), schockte das Land. Politischer Stillstand, ein Albtraum in der Krise! Italiens Präsident Sergio Mattarella (79) reagiert schnell – und präsentiert Super-Mario.
So wird der neue Mann an der Spitze Italiens genannt. Mario Draghi (73) rettete als Chef der Europäischen Zentralbank einst den Euro. Jetzt will der parteilose Wirtschaftswissenschaftler auch seine Heimat aus dem Sumpf ziehen und beginnt schon, Berge zu versetzen.
Acht parteilose Experten in Schlüsselministerien
Innert Tagen stellt er ein 23-köpfiges Kabinett aus allen Parteien zusammen, darunter acht Frauen. Jede Partei, die Draghi unterstützt, hat Vertreter in der Regierung. Von der linken Fünf-Sterne-Bewegung MS5 bis zur rechten Lega. Luigi Di Maio (34), Ex-Chef der Fünf-Sterne-Partei, bleibt Aussenminister. Auch der linke Ex-Gesundheitsminister Roberto Speranza (42) und die ehemalige Familienministerin der «Italia Viva»-Partei von Matteo Renzi (46), Elena Bonetti (46) behalten ihre Ämter.
Schlüsselpositionen gehen an acht parteilose Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Justiz. So übernimmt beispielsweise der Generaldirektor der italienischen Zentralbank das Wirtschafts- und Finanzministerium und ein ehemaliger Vodafone-Chef das Ministerium für Zukunftstechnologie. Die Mischung soll nicht nur innenpolitisch passen, sondern auch Brüssel überzeugen.
Super-Mario will «green Jobs» schaffen
Sogar die EU-skeptische Fünf-Sterne-Bewegung und stärkste Partei zieht Mario Draghi auf seine Seite. Die Bedingung der Linkspopulisten: Ein Superministerium für den ökologischen Wandel. Das Versprechen hält Draghi. Doch es kommt anders, als so mancher Fünf-Sterne-Politiker erhofft.
Von den 209 Milliarden Euro (225 Milliarden Franken) Aufbauhilfen der EU soll zwar gut ein Drittel in Projekte des neuen Ministeriums fliessen, doch es geht nicht nur um Umweltschutz allein, sondern um Arbeitsplätze. Er will vor allem eine grüne Wende für Italiens veraltete Stahl- und Chemie-Industrien sowie Raffinerien somit «green Jobs» schaffen, berichtet die «Huffington Post».
Umweltministerium geht nicht an Fünf-Sterne-Bewegung
Das von der MS5-Bewegung mit Nachdruck geforderte Superministerium geht zudem an keinen ihrer Minister, sondern an Roberto Cingolani (59). Der parteilose Physiker ist Gründer des Technologieinstituts von Genua und war einst zuständig für Innovation im Luft- und Raumfahrtkonzern Leonardo. Wieder ein Technokrat.
Am Samstag wurden Mario Draghi und sein Kabinett vereidigt. Am kommenden Mittwoch wird Italiens neuer Premier in den zwei Kammern des Parlaments die Vertrauensfrage stellen und sein Programm präsentieren.