Laut neuer Studie
Trinkwasser könnte Autismus-Risiko begünstigen

Diese Studie verblüfft: Trinkwasser könnte bei hoher Konzentration von Lithium das Risiko für Autismus begünstigen. Es gibt jedoch einen Haken.
Publiziert: 21.04.2023 um 13:08 Uhr
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Aktualisiert: 21.04.2023 um 14:17 Uhr
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Eine neue dänisch-amerikanische Studie kommt zum Schluss, dass Trinkwasser das Autismus-Risiko begünstigen könnte.
Foto: imago images / Christian Ohde
Janine Enderli

Es gibt nichts Besseres, als seinen Durst mit einem kalten Glas Wasser zu stillen. In der Schweiz können wir uns glücklich schätzen, das Privileg von sauberem Trinkwasser zu haben. Im Leitungswasser befinden sich zahlreiche Teilchen, sogenannte Mineralien. Sie machen das Wasser geniessbar und gelten als gesund.

Auch das Leichtmetall Lithium befindet sich im Trinkwasser. Bis anhin galt dieses Spurenelement als unbedenklich. Eine neue dänisch-amerikanische Studie der Yale School of Public Health stellt diesen Wissensstand infrage. Sind Lithiumionen doch gefährlicher als gedacht?

Schon in der Vergangenheit liess Lithium-Studie aufhorchen

Die Forscher untersuchten den Zusammenhang zwischen dem Autismus-Risiko eines Kindes und dem Lithiumgehalt des Wassers in der Wohngegend der Eltern. Dafür untersuchten die Wissenschaftler die Daten von 8842 Kindern mit Autismus. Dazu zogen sie die Wohnortdaten der Mütter heran und verknüpften sie mit dem Lithiumgehalt des dortigen Trinkwassers. Anschliessend verglichen sie die Daten mit einer Kontrollgruppe von Kindern, die nicht unter Autismus litten.

Schon in der Vergangenheit haben dänische Epidemiologen eine Korrelation von Trinkwasserlithium mit dem Demenzrisiko festgestellt. In einem zweiten Schritt wollte man nun die Auswirkung von Lithium auf das pränatale Autismus-Risiko untersuchen, wie Studienleiter Zeyan Liew gegenüber der «Welt» erklärte.

Erhöhtes Risiko für Autismus

Und tatsächlich: Die Wissenschaftler kommen zum Schluss, dass das Risiko für ein Kind, als Autist zur Welt zu kommen, vom Lithiumgehalt des Wassers abhängen kann. Je höher dieser im von der Mutter getrunkenen Wasser ist, desto höher sei die Gefahr, dass ein Kind mit der Entwicklungsstörung geboren wird.

Kinder mit Autismus verfügen meistens über eine reduzierte Mimik und haben Schwierigkeiten, Gefühle zu verstehen oder zu zeigen. Die Studie enthält eine gewisse Brisanz. Denn: Lithiumsalze galten lange als das therapeutische Mittel gegen Autismus und Demenz.

Es gibt jedoch auch einen Haken: Die Forscher geben zu, nicht zu wissen, ob die Probandinnen das Trinkwasser tatsächlich getrunken oder es nur zum Kochen verwendet haben. Weiter enthalten Lebensmittel selber auch Lithium und können die Resultate so verzerren. Auch regional schwankte der Lithiumgehalt stark. Das gemessene Wasser wies Werte von bis zu 30,7 Mikrogramm pro Liter auf.

In der Schweiz alles in Ordnung

Und wie sieht es mit dem Lithium im Schweizer Trinkwasser aus? Auf Anfrage von Blick erklärt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV), dass das Risiko einer Gesundheitsgefährdung von Lithium im Trinkwasser als vernachlässigbar gelte. Deshalb werde Lithium im Schweizer Trinkwasser auch nicht standardmässig überwacht und es seien auch keine Höchstwerte festgelegt.

Trinkwasser wird in der Schweiz zu 80 Prozent aus Grundwasser hergestellt. Das Bundesamt für Umwelt führte 2005/2006 eine Untersuchung des Grundwassers durch. Daraus geht hervor, dass der Mittelwert in der Schweiz bei unter 3 Mikrogramm pro Liter liegt.

Für die Schweiz sind die Ergebnisse der dänisch-amerikanischen Studie also kein Grund zur Sorge. Das BLV könne keine Rückschlüsse auf schwangere Frauen und das Risiko einer Autismus-Spektrum-Störung bei Neugeborenen ziehen. «Es handelt sich bei den Resultaten um Korrelationen und nicht um kausale Zusammenhänge. Wie auch die Autoren selbst betonen, bedarf es weiterer Forschung in diesem Thema.»

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