230 Meter lang und 32 Meter breit: Das neue Baby des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan kann sich auf den ersten Blick sehen lassen. Der Zeitpunkt für die Vorstellung des frisch fertiggestellten Flugzeugträgers «TCG Anadolu» der türkischen Marine könnte nicht besser gewählt sein. Denn: Am 14. Mai finden die Parlaments- und Präsidentenwahlen statt.
Auf dem Schiff können nicht nur schwere Helikopter und Drohnen problemlos landen, es verfügt auch über Infrarot-Such- und Verfolgungsysteme, Laserwarnsysteme und Vorrichtungen zur Torpedoabwehr. Es ist «made in Türkiye», 70 Prozent der verwendeten Bauteile und Rohstoffe stammen laut «Euronews» aus der Türkei.
Erdogan erhofft sich durch den protzigen Auftritt mehr Stimmen von nationalistischen Wählern. In der neuesten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts «Metropoll» liegt Herausforderer Kemal Kilicdaroglu (42,6 Prozent) vor Amtsinhaber Erdogan (41,1 Prozent).
Ex-Marineoffizier äussert Kritik
Ob es Erdogan aber tatsächlich gelingt, mit der Vorstellung des Prestigeprojektes das Ruder herumzureissen, muss sich noch zeigen. Ein Experte ist wenig begeistert von dem Kriegsschiff.
«Die TCG Anadolu ist kein Flugzeugträger, sondern ein Landungsschiff mit einer Flugplattform», schreibt der ehemalige Marineoffizier Türker Ertürk (66) auf Twitter. Sogar die Schiffsnummer beginne mit «L». Was Ertürk damit andeuten will: Das L steht in diesem Fall für das englische Wort «Landing», also Landung. Somit erfüllt es vor allem Transportaufgaben und ermöglicht das Anlanden von Soldaten.
«Sie nennen es einen Flugzeugträger, um euch zu täuschen. Sie haben ihn in aller Eile vor der Wahl geliefert. Ohne ihn überhaupt getestet zu haben», behauptet Ertürk.
Erdogans aggressive Aussenpolitik
Erdogans Worte klingen gänzlich anders. «Unser Schiff ist so ausgestattet, dass wir bei Bedarf militärische und humanitäre Einsätze in allen Teilen der Welt durchführen können», sagte der amtierende türkische Präsident bei der Zeremonie am Montag. Das Schiff sei ein Wendepunkt für die Verteidigungsindustrie des Landes.
Die Türkei hat in den letzten Jahren unter Erdogan eine teils aggressive Aussenpolitik geführt. Sie ist an mehreren Konflikten in der Region beteiligt, unter anderem im Bürgerkriegsland Syrien. Die Beziehungen zum Nachbarn Griechenland sind unter anderem wegen eines Streits um Hoheitsrechte und Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer schwierig.