Kuriose Veranstaltung in Japan
Eltern müssen sich für Kinder auf ein Date treffen

Oft gehen Menschen zum Speed-Dating, um einen Partner zu finden. Nicht so in Japan: Hier treffen Eltern andere Eltern, um ihre Kinder zu verkuppeln.
Publiziert: 04.09.2023 um 20:21 Uhr
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Aktualisiert: 04.09.2023 um 20:43 Uhr
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Eltern nehmen die Partnersuche ihrer Kinder in die Hand.
Foto: AFP/Getty Images

Das Lieblingshobby, das Lieblingsrestaurant oder der Lieblingsfilm – darüber spricht man in der Regel bei einem ersten Date. Normalerweise treffen sich dabei auch die beiden Menschen, die sich kennenlernen wollen, und nicht deren Eltern. Bei dieser Speed-Dating-Veranstaltung in Japan ist das anders.

Wie CNN berichtet, haben sich an einem Nachmittag rund 60 Menschen in Osaka versammelt, um die grosse Liebe zu finden. Sie suchen nicht für sich selbst, sondern für ihre Kinder. Die 60- bis 80-jährigen Eltern haben umgerechnet je 85 Franken bezahlt, um an der Veranstaltung der Vermittlungsagentur «Association of Parents of Marriage Proposal Information» teilzunehmen. Jeder von ihnen hat einen ausgefüllten Fragebogen über seinen Nachwuchs dabei.

Single-Leben hat wirtschaftliche Konsequenzen

Ins Leben gerufen wurde die Agentur, um der sinkenden Heirats- und Geburtenrate im Land entgegenzuwirken. Angesichts steigender Lebenshaltungskosten, schlechter wirtschaftlicher Aussichten und einer anspruchsvollen Arbeitskultur entscheiden sich immer weniger Japaner, zu heiraten und Kinder zu bekommen. 

Wird das Problem nicht angegangen, hätte dies laut Soziologe Shiqeki Matsuda schwerwiegende Folgen: «Zu den grössten Sorgen gehören der Rückgang der allgemeinen Wirtschaftskraft und des nationalen Wohlstands, Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung der sozialen Sicherheit und der Verlust von Sozialkapital in den lokalen Gemeinschaften», sagt er zum TV-Sender. 

Keine Zeit für die Liebe

Japans Dating-Problem sorgt also nicht nur für enttäuschte Eltern, sondern hat auch verheerende wirtschaftliche Folgen. Laut Matsuda liegt das aber nicht daran, dass die Japaner nicht mehr heiraten wollen. Vielmehr hätten junge Japaner mit schlechten Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen zu kämpfen. Ostasienwissenschaftler James Raymo sieht das ähnlich: «Wenn man 70 Stunden die Woche arbeitet, hat man natürlich keinen Partner, weil man keine Zeit hat, jemanden kennenzulernen.»

Für die Eltern dürfte weniger die wirtschaftliche Entwicklung als vielmehr die schwindende Chance auf Enkelkinder ausschlaggebend sein. Unabhängig von ihren Motiven trägt ihr Engagement dazu bei, die Heiratsrate etwas zu erhöhen. Denn wie CNN berichtet, schätzt die Agentur, dass etwa 10 Prozent der von ihr vermittelten Personen später heiraten. (gs)

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