Schon wieder! Nachdem Donald Trump (76) Anfang April bereits wegen möglichen Schweigegeld-Zahlungen vor einem Gericht in New York erscheinen muss, sieht sich der Ex-US-Präsident nun mit einer weiteren Anklage konfrontiert. Am Dienstag stand er wegen der Affäre rund um hunderte Geheimdokumente vor einem US-Bundesgericht in Miami.
Blick sagt, was du zu dem Prozess wissen musst.
Worum geht es in dem Prozess?
Trump soll nach dem Ende seiner Amtszeit hunderte teilweise hochgeheime Dokumente aus dem Weissen Haus in seine private Residenz Mar-a-Lago in Florida mitgenommen und dort bewusst versteckt haben. In der Anklageschrift ist unter anderem von «Geheimdienst-Briefings zu anderen Ländern» und «Einschätzungen zu nuklearen und militärischen Fähigkeiten anderer Nationen» die Rede. Viele der Dokumente sind als Top Secret eingestuft.
Die Dokumente lagerte Trump in weissen Kisten. In der 49-seitigen Anklageschrift sind Fotos von eigentlich für das Nationalarchiv bestimmten Kisten enthalten, die in Mar-a-Lago aufbewahrt wurden: unter anderem in einem Festsaal, in einem Badezimmer und einer Dusche. Zudem soll er die Informationen mit Menschen geteilt haben, die dazu nicht berechtigt waren. Insgesamt wurde Trump in 37 Punkten angeklagt.
Was Trump mit den Dokumenten wollte, ist gemäss USA-Kennerin Claudia Brühweiler unklar. «Das könnte durchaus auch brisant sein», sagt sie.
Was droht Trump?
In dem Verfahren droht Donald Trump eine lange Haftstrafe. Neben dem illegalen Aufbewahren von Geheimdokumenten in 31 Fällen wird ihm unter anderem eine Verschwörung zur Justizbehinderung zur Last gelegt. Sollte Trump schuldig gesprochen werden, könnte ihm eine lange Gefängnisstrafe drohen. Auf die verschiedenen Anklagepunkte stehen Höchststrafen von zwischen fünf und 20 Jahren.
Die Chancen für eine Verurteilung sind durchaus gegeben, sagt USA-Expertin Brühweiler. «Nicht einmal die, die ihn verteidigen, sagen, dass Trump unschuldig sei. Vieles spricht gegen ihn. Viele Experten gehen daher davon aus, dass es in diesem Prozess zu einer Verurteilung kommen könnte.»
Was sagen Trump und seine Verbündeten?
Trump, der zu dem am Dienstagnachmittag (Ortszeit, 21 Uhr Schweizer Zeit) angesetzten Gerichtstermin von seinem Golfplatz in Miami aus mit seiner privaten Fahrzeugkolonne anzureisen plant, schlug im Vorfeld gewohnt aggressive Töne an. «So etwas hat es noch nie gegeben. Eine Hexenjagd wie diese hat es noch nie gegeben», sagte Trump am Montag einem konservativen spanischsprachigen Radiosender und wütete erneut gegen «kriminelle Handlungen» und «schreckliche Taten» der Behörden, die ihn nun verfolgten.
Auch weitere republikanische Politiker hatten sich im Vorfeld des Verfahrens auf eine Weise geäussert, die laut Beobachtern Gewalt befeuern könnte. Andy Biggs, Abgeordneter aus dem Bundesstaat Arizona, schrieb im Onlinedienst Twitter, es sei nun «eine Kriegsphase erreicht», und er ergänzte: «Auge um Auge».
Welche Rolle spielt die Richterin?
Gemäss Experten eine durchaus nicht zu unterschätzende Rolle. Bezirksrichterin Aileen Cannon, die das Verfahren leitet, gilt als konservativ und Trump-Anhängerin. Sie war von Trump während dessen Präsidentschaft ernannt worden, der Fall nun ist ihr per Zufallsverfahren zugewiesen worden.
Cannon hat erheblichen Einfluss darauf, wie das Verfahren vorangeht. Mit ihren Entscheidungen hatte sie bisher die Ermittlungen schon wochenlang blockiert. Ein mit konservativen Richtern besetztes Berufungsgericht musste sogar bereits einschreiten und feststellen, dass Cannon ihre Befugnisse in dem Fall bereits überschritten habe.
Welche politischen Auswirkungen hat die Anklage?
Trump ist klarer Favorit im Rennen um die Nominierung der Republikaner für die Präsidentschaftswahl im November 2024. Die Anklage hindert ihn nicht an einer Kandidatur – selbst eine Verurteilung in der Dokumentenaffäre würde ihn nicht disqualifizieren. «Man kann auch vorbestraft sein oder in einem Prozess stecken und trotzdem gewählt werden», sagt Brühweiler. Einzige Ausnahme: Wenn Trump in einem anderen Prozess, in dem es um den Kapitol-Sturm am 6. Januar geht, verurteilt würde, käme ein Verfassungszusatz zum Zug. Dann wäre eine Wahl nicht mehr möglich.
Wahlpolitisch schaden dürfte die Anklage Trump kaum: Frühere Affären und Skandale haben den Rückhalt des Rechtspopulisten bei der konservativen Basis nie wirklich geschwächt. Trump versucht zudem, seine Anhänger zusätzlich zu mobilisieren, indem er sich als Opfer politisch motivierter Ermittlungen durch die Regierung von Präsident Joe Biden darstellt. Führende Republikaner haben die Ermittlungen gegen den Rechtspopulisten schon verurteilt.
Allerdings drohen Trump noch weitere Anklagen, und zwar wegen wegen der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021 und seiner Versuche, nach der Präsidentschaftswahl 2020 Einfluss auf den Wahlausgang im Südstaat Georgia zu nehmen. Er wurde ausserdem bereits im Frühjahr wegen einer Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels vor der Präsidentschaftswahl 2016 angeklagt. Die vielen juristischen Probleme dürften zunehmend zur Belastung für Trumps Wahlkampf werden, unter anderem bei den Anfang 2024 startenden Vorwahlen.
USA-Expertin Brühweiler sagt, in Bezug auf die Vorwahlen dürfte Trump trotz der zahlreichen Affären niemand das Wasser reichen können. Anders sieht es bei den tatsächlichen Wahlen im November 2024 aus. «Hier ist Trump gegenüber dem aktuellen Amtsinhaber Joe Biden bereits im Hintertreffen. Die zahlreichen Prozesse und Anklagen schaden Trump nur. Biden selbst dürfte es also recht sein, wenn er wieder gegen Trump antreten muss. Gegen ihn hat er die grössten Chancen.»