Kochgas für Mitarbeiter
So reagiert die Schweizer Botschaft auf die Krise in Sri Lanka

In Sri Lanka fehlt es an Medikamenten, Treibstoff und vielem anderem. Damit die Schweizer Vertretung ihre Arbeit vor Ort weiterführen kann, hat der Botschafter seinem Personal Kochgas besorgt.
Publiziert: 23.07.2022 um 13:02 Uhr
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Das Schweizer Aussendepartement und die Botschaft verfügen über einen Notfallplan, falls sich die Situation in Colombo verschärft.
Foto: TILL FORRER
Sophie Reinhardt

Sri Lanka steckt in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Im Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern müssen die Menschen tagelang bei Tankstellen anstehen, um Benzin oder Diesel zu erhalten. Regelmässig fällt der Strom aus. Gas zum Kochen und Medikamente fehlen, die Lebensmittelpreise sind stark gestiegen. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren.

Das Schweizer Aussendepartement (EDA) rät deshalb zur Zeit von touristischen und «anderen nicht dringenden Reisen» nach Sri Lanka ab. Es kommt regelmässig zu Demonstrationen und Unruhen.

Von den politischen und sozialen Spannungen betroffen ist auch die Schweizer Vertretung in Colombo. Die 36 Mitarbeitenden leiden wie alle Sri Lanker vor allem unter dem Mangel an Treibstoffen, Kochgas, Medikamenten und der hohen Inflation betroffen, heisst es beim EDA auf Anfrage «Dies schafft zusätzlich zur Arbeit eine erhebliche zusätzliche Belastung», teilt ein Sprecher mit.

Limitiert Treibstoff erhalten

Der Schweizer Botschafter Dominik Furgler (63) hat darum entschieden, dass dem Personal Zeit zum Anstehen in Warteschlangen gewährt wird. Zusätzlich hat die Schweizer Vertretung über «offizielle Wege» auch Kochgas für das Personal erworben. Damit konnte der Betrieb der Schweizer Vertretung im Ferienparadies bisher aufrechterhalten werden.

Anders die US-Botschaft. Diese hatte ihre konsularischen Dienstleistungen letzte Woche aus Sicherheitsgründen für zwei Tage eingestellt. Die Schweizer Vertretung in Colombo hat die Risiken analysiert und zusätzliche Massnahmen zum Schutz der Mitarbeitenden eingeleitet. Wie diese aussehen, bleibt geheim.

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Zum aktuellen Zeitpunkt geht das Aussendepartement davon aus, dass das Personal vor Ort bleibt. Jedoch haben das EDA und die Botschaft einen Notfallplan erarbeitet, falls sich die Situation vor Ort verschärft.

Medikamente im Notfall aus der Schweiz

Der öffentliche Verkehr brach in den letzten Wochen immer wieder zusammen, und es gab Strassenblockaden. Auch damit hat sich die Schweizer Botschaft arrangiert. «Um den Betrieb der Botschaft zu sichern, erhalten deren diplomatischen Fahrzeuge von den Behörden limitiert Treibstoff», heisst es beim Aussendepartement.

Damit werde der Transport des Personals zur und von der Arbeit sichergestellt. Zudem man habe sich darauf vorbereitet, im Notfall lebenswichtige Medikamente in der Schweiz zu bestellen. Dies sei bisher aber noch nicht nötig gewesen.

Seit Monaten demonstrieren Hunderttausende Menschen im ganzen Land gegen die Regierung. Die Gründe für die Krise sind vielfältig: Misswirtschaft und Korruption spielen eine Rolle, aber auch die Folgen der Corona-Pandemie, die vor allem den wichtigen Tourismus-Sektor hart getroffen hat. In den vergangenen Wochen gingen Zehntausende Menschen gegen die politische Führung auf die Strasse. Viele von ihnen machen auch die Familie des geflohenen Ex-Präsidenten Rajapaksa verantwortlich, die zur Machtelite des Landes gehört.

Mehr als 1000 Soldaten und Polizisten hatten in der Nacht vom Donnerstag das Hauptprotestlager um das Präsidentenbüro gestürmt und aufgelöst. Dabei seien mindestens acht Menschen festgenommen worden, sagte ein Polizeisprecher am Freitagmorgen der Deutschen Presse-Agentur.

Nur Stunden zuvor war der bisherige Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe als Staatsoberhaupt vereidigt worden. Die Demonstranten hatten auch seinen Rückzug von der Macht verlangt, da sie Wickremesinghe als Verbündeten des bisherigen Präsidenten Gotabaya Rajapaksa betrachten. Rajapaksa hatte sich vergangene Woche angesichts beispielloser Massenproteste per Flugzeug ins Ausland abgesetzt.

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