Bei der deutschen Klima-Jugend herrscht dicke Luft. Der Grund: ein Treffen von Greta Thunberg (17) und Luisa Neubauer (24) mit der deutschen Bundeskanzlerin.
Angela Merkel (65) hatte die beiden Klima-Ikonen sowie weitere Mitstreiterinnen eingeladen. Und die hatten freudig angenommen – ohne das offenbar mit den basisdemokratisch organisierten Mitgliedern von Fridays for Future in Deutschland abzusprechen. Mehrere Ortsgruppen distanzierten sich offenbar von dem Treffen.
«Der Termin war überhaupt nicht abgesprochen», kritisierte Konstantin Nimmerfroh von Fridays for Future Frankfurt gegenüber der «taz». Die Basisgruppen seien erst wenige Tage vor der öffentlichen Bekanntmachung über das Treffen informiert und nicht nach ihrer Meinung gefragt worden. Ein absolutes No-Go für die Klima-Jugendlichen, die über grosse Projekte und strategische Entscheidungen nach klaren Regeln abstimmen. «Wir fühlen uns überrannt.»
«Immer stehen die gleichen Leute in der Öffentlichkeit»
Zeit wäre dafür wohl gewesen. Nach Angaben der deutschen Regierung hatte Neubauer um das Treffen gebeten. «Es gab einen Wunsch von Frau Neubauer, und deshalb möchte ich mich diesem Gespräch nicht verweigern, sondern freue mich, wenn der Wunsch nach diesem Gespräch besteht», erklärte Kanzlerin Merkel die Einladung im Vorfeld. Zentrales Thema waren die klimapolitischen Schwerpunkte in der laufenden EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands.
Greta Thunberg will ab Herbst wieder zur Schule gehen
Doch der symbolträchtige Termin – genau zwei Jahre nach Thunbergs erstem Schulstreik – geriet innerhalb der jungen Klima-Bewegung zum Desaster. Thunbergs und Neubauers sonst treue Gschpänli finden: Es dreht sich zu viel um die zwei Klima-Ikonen. «Es ist schade, dass immer die gleichen Leute in der Öffentlichkeit stehen», kritisierte in der «taz» auch der Kieler Aktivist Ole Willerich. «Zweifellos macht Luisa gute Arbeit und hat viel Expertise. Aber durch dieses Ungleichgewicht in der Öffentlichkeit kommen andere, vielleicht auch radikalere Positionen nicht zur Geltung.»
Eine anonyme FFF-Aktivistin äussert sich ebenfalls kritisch zum Treffen: «Es ist kein Erfolg, mit Frau Merkel zusammenzusitzen.» Immerhin habe die Koalition in den vergangenen Jahren «nicht annähernd etwas gemacht, das uns dem 1,5-Grad-Ziel näher bringt».
Thunberg: «Wir sprechen nicht für Fridays for Future»
Offenbar gibts schon länger Unmut. Zoff gibts auch um einen offenen Brief an Staats- und Regierungschefs, den die Klima-Ikonen und zwei weitere Aktivistinnen im Juli veröffentlicht hatten – und der auch zum Merkel-Treffen geführt hatte. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderen die Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai (23) und Stars wie Billie Eilish (18), Shawn Mendes (22), Emma Thompson (61) und Leonardo DiCaprio (45).
«Wenn man den Brief als Schreiben der Privatpersonen Greta, Luisa, Anuna und Adélaïde versteht, ist das okay», sagt der Aktivist Konstantin Nimmerfroh der «taz». Aber als Teil einer basisdemokratisch organisierten Bewegung fühle man sich doch vor den Kopf gestossen. Für ihn ist das Merkel-Treffen unnötige PR, die ausser schönen Bildern nichts produziere.
Die harsche Kritik kam bei den Klima-Ikonen an. Bei der Pressekonferenz nach dem Merkel-Treffen gingen Thunberg und Neubauer auf die Vorwürfe ein. «Wir haben nie gesagt, dass wir Fridays for Future repräsentieren», sagte Greta Thunberg. Und behauptet: «Wir sprechen nicht für Fridays for Future.» Fridays for Future sei eine Basisbewegung, die aus Individuen bestehe. «Es ist keine Organisation mit Vertretern. Und auch der Brief war nicht im Namen von Fridays for Future geschrieben worden, sondern von einzelnen Klima-Aktivisten.»
Thunberg schwänzte für Merkel offenbar die erste Schulwoche
Luisa Neubauer ergänzte: «Wir entwickeln uns als Bewegung immer weiter, in der Art, wie wir uns organisieren. Ich habe letzte Woche mit Konstantin telefoniert, und ich bin sicher, dass wir Wege finden werden, ich muss das aber nicht hier machen.»
Thunberg, Neubauer und ihre Mitstreiterinnen hatten sich bei dem Merkel-Treffen ein «ehrliches Gespräch» mit der seit 15 Jahren regierenden Bundeskanzlerin erhofft. «Angela Merkel müsste die Kanzlerin sein, die dafür sorgt, dass das Pariser Abkommen umgesetzt wird. Das wollen wir mit ihr besprechen», sagte Luisa Neubauer vorab.
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Thunberg schwänzte für das Treffen offenbar extra die Schule. Nach ihrer einjährigen Auszeit wollte die Schwedin nach den Sommerferien wieder die Schulbank drücken, wie sie BLICK vor einigen Wochen bestätigte. Der erste Schultag in ihrer Heimatstadt Stockholm wäre am Montag gewesen.