Was für ein Jobangebot! Joe Kaeser (62), Superboss beim deutschen Technologie-Giganten Siemens (385’000 Angestellte), hat die deutsche Umwelt-Aktivistin Luisa Neubauer (23) eingeladen, Verwaltungsrätin von Siemens Energy zu werden. Siemens will sein Energiegeschäft im Frühling als Siemens Energy abspalten und voraussichtlich im September an die Börse bringen.
Ob es der Verwaltungsrat – in Deutschland Aufsichtsrat – oder ein anderes Gremium sei, könne Neubauer selbst entscheiden, sagte Kaeser. «Ich möchte, dass die Jugend sich aktiv beteiligen kann. Der Konflikt zwischen Jung und Alt muss gelöst werden.»
Nicht vereinbar
Doch Luisa Neubauer, die auch als deutsche Greta bezeichnet wird, hat Kaeser einen Korb gegeben. In der Bild am Sonntag begründete sie ihr Nein: «Ich kenne das Aktienrecht. Ich wäre in dieser Position nicht mehr in der Lage, Siemens unabhängig zu kommentieren. Das ist nicht vereinbar mit meiner Rolle als Klima-Aktivistin. Ich bin dem 1,5-Grad-Ziel und dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet. Gerade am Fall Joe Kaeser sieht man, dass es unabhängige Rollen wie meine dringend braucht.»
Neubauer schlägt Siemens vor, an ihrer Stelle ein Mitglied der Wissenschaftler-Gruppe Scientists for Future in den Aufsichtsrat aufzunehmen.
Streit um Technik für Kohlewerk
Grund für das Jobangebot war eine Vertragsunterzeichnung von Siemens mit der Adani Group in Indien. Diese will in Australien eines der grössten Kohlebergwerke der Welt aufbauen, das aus fünf Untertageminen und sechs Tagebaustätten bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr fördern soll.
Das Projekt wird von Umweltschützern seit Jahren bekämpft. Siemens soll für eine Zugstrecke vom Bergwerk zum Hafen Abbots Point Signaltechnik liefern.
Schweizer Greta gegen Förderung einzelner Personen
Die deutsche Greta erhält von der Schweizer Greta Unterstützung. Marie-Claire Graf (23) aus Gelterkinden BL, die den ersten Klimastreik in der Schweiz organisierte und die Schweiz am Klimagipfel in Madrid vertrat, sagt dem BLICK: «Wir lehnen jede Vereinnahmung der Klimastreik-Bewegung durch Grosskonzerne wie Siemens sowie die Förderung einzelner Personen vehement ab. Unsere Priorität liegt in der Bekämpfung der Klimakrise und nicht in der Vorbereitung politischer Karrieren.»
Kaeser reagierte inzwischen mit Bedauern auf die Absage von Neubauer: «Sie hätte an der Lösung der von der Fridays-for-Future-Bewegung zu Recht adressierten Klimaproblematik mitgestalten können und dabei auch Einblicke in komplexe unternehmerische Zusammenhänge bekommen.»