Darum gehts
- Ukraine meldet Festnahme chinesischer Soldaten in russischer Uniform im Donbass-Gebiet
- China bestreitet Vorwürfe, verstärkt aber Zusammenarbeit mit Russland seit Kriegsbeginn
- Experte ordnet angebliche Involvierung chinesischer Truppen ein
Über Monate kämpften Nordkoreaner an der Seite von Russland gegen die Ukraine. Machthaber Kim Jong Un (41) schickte seine Männer offenbar im Gegenzug für Naturalien und Militärlieferungen an die Front. Nun tauchten offenbar auch chinesische Staatsangehörige im Grenzgebiet auf. Am Dienstag meldete der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47) die Festnahme von zwei Chinesen in russischer Uniform. «Wir haben sie gefangen genommen», schrieb er. Sofort stellte sich die Frage: Handelt es sich bei den Festgenommenen um freiwillige Söldner oder wurden die Chinesen aktiv in die Ukraine geschickt?
Nach der Festnahme habe man Dokumente der Gefangenen, Bankkarten und andere persönliche Daten vorgefunden, liess der Präsident verlauten. Selenski glaubt: Die Vorkommnisse sind nur die Spitze des Eisberges. Er wittert eine Koordination zwischen Peking und Moskau und denkt, dass noch «viel mehr Chinesen» im Dienste Russlands stehen. Das «Wall Street Journal» spricht unter Berufung auf den ukrainischen Geheimdienst von mindestens 150 Chinesen.
«Ich glaube, dass es sich um chinesische Söldner handelt», sagt Marcel Berni, Militärexperte bei der ETH Zürich, zu Blick. Er sieht keine eindeutigen Hinweise dafür, dass Peking im grossen Stil Soldaten nach Russland schickt. «Es gab immer wieder solche Gerüchte, ich kenne aber keine Hinweise, die eine offizielle Entsendung belegen.»
Berni weiter: «Sollte es sich tatsächlich Söldner handeln, wäre das zwar peinlich für China, aber als Handeln von Privatpersonen begründbar.» Es sei ein Fakt, dass Moskau ausländische Personen unter falschen Versprechungen nach Russland lockt.
Chinesischer Soldat bezahlte 3000 Euro für Kampfeinsatz
Auch die Aussagen von einem der gefangenen Soldaten scheinen in diese Richtung zu gehen. Er habe umgerechnet mehr als 3000 Euro bezahlt, um russischer Soldat zu werden. Die Motivation sei die Aussicht auf den russischen Pass gewesen.
«Die Gefangenen müssen als Kriegsgefangene behandelt und versorgt werden. Sie erhalten den Kriegsgefangenenstatus und müssen gut versorgt werden. Nur wenn ein ukrainisches Militärgericht ihnen diesen Status aufgrund von Beweisen abspricht, sind sie als zivile Gefangene zu behandeln», führt der Experte aus.
China bezeichnet Anschuldigung als «haltlos»
Bisher stellt China sich als neutrale Partei im Ukraine-Krieg dar und erklärt, weder Kiew noch Moskau mit Waffen zu unterstützen. Allerdings hat Peking seit Beginn des russischen Angriffs im Februar 2022 seine politische, militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland deutlich verstärkt. Wären die Soldaten in offizieller Funktion in der Ukraine eingesetzt, würde es das Narrativ Pekings konterkarieren, wonach China Russland nicht direkt unterstützt, sagt Berni. Die jüngsten Anschuldigungen bezeichnete Peking wiederholt als «haltlos».
In den sozialen Medien kursieren derweil Videos, die chinesische Soldaten in der Ukraine zeigen sollen. Ein nicht verifizierter Clip wurde offenbar in Pokrowsk aufgenommen. Es zeigte chinesische Schriftzeichen in einem zerstörten Gebäude. Was dahinter steckt, ist unklar.
Sind es Arbeitsmigranten?
Weltweit existieren Dutzende Social-Media-Profile von Chinesen, die behaupten, sich den russischen Streitkräften angeschlossen zu haben. Eine umfassende Recherche von «Le Monde» deckte die Accounts auf.
Das Institut für Kriegsstudien in Washington glaubt ebenfalls, dass viele Chinesen als Arbeitsmigranten nach Russland kommen. In einem Bericht wird auch der Fall Indien aus dem Jahr 2024 geschildert. Damals deckten indische Behörden ein Menschenhandelsnetzwerk auf, das Inder unter falschen Versprechungen nach Russland lockte.