Kaum Corona-Massnahmen
Darum hat Schweden so tiefe Infektionszahlen

Schweden bleibt von der vierten Corona-Welle verschont. Das ist nicht nur der hohen Impfquote zu verdanken.
Publiziert: 16.11.2021 um 22:04 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2021 um 11:23 Uhr
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In Schweden sieht die aktuelle Corona-Lage gut aus.
Foto: AFP

Während in vielen europäischen Ländern die vierte Corona-Welle wütet, ist die Lage in Schweden dagegen erfreulich. Die Inzidenz-Zahlen bewegen sich seit Wochen auf tiefem Niveau. Und das, obwohl seit Ende September praktisch alle Massnahmen im Land aufgehoben wurden. Nur die Empfehlungen für Hygienemassnahmen und Abstandsregeln wurden beibehalten.

Am Dienstag lag die 7-Tage-Inzidenz in Schweden bei 52,9. Zum Vergleich: In Deutschland lag sie bei 312,4 und in der Schweiz bei 282,9. Seit dem schwedischen Freedom Day ist sie nur leicht gestiegen (damals lag der Wert bei 41,4).

Hohe Impfquote

Die Corona-Massnahmen konnten damals laut der Sozialministerin Lena Hallengren aufgehoben werden, weil der grösste Teil der Bevölkerung geimpft wurde. Die Impfung könnte nun mit ein Grund dafür sein, dass die Zahlen seither tief bleiben. Bei den über 16-Jährigen sind im ganzen Land 81,5 Prozent vollständig geimpft. Auf die gesamte Bevölkerung gerechnet sind es 68,55 Prozent. In der Schweiz sind bisher 64,88 Prozent der Einwohner vollständig geimpft

Schaut man sich die vulnerablen Altersgruppen in Schweden an, fällt auf: In der Altersgruppe 70 bis 89 Jahre sind über 93 Prozent geimpft sind. Bei den Ü60-Jährigen sind es über 92 Prozent. Das dürfte erklären, warum es auch kaum einen Anstieg der Todes- und Intensivfälle gibt. Zum Vergleich: In der Schweiz sind nur in der Altersgruppe der Ü80-Jährigen sind knapp mehr als 90 Prozent geimpft.

Nach Angaben von «Business Insider» haben in Schweden 34 Prozent der Über-80-Jährigen zudem bereits ihre dritte Impfung erhalten.

Empfehlungen wirken

Ein weiterer Faktor könnte auch die funktionierende Eigenverantwortung im Land sein. Bereits in der Vergangenheit – zu Beginn der Pandemie – hatte Schweden vor allem auf Empfehlungen gesetzt. Unter anderem auch, was persönliche Treffen angeht. Die Einwohner zeigten sich diszipliniert in der Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln.

Auch jetzt scheinen sich diese Angewohnheiten weiter zu bewähren. Viele Schweden halten sich weiterhin an die nötigen Massnahmen. Speziell den Ungeimpften wird empfohlen, Abstand zu halten und besonders zu den Risikogruppen engen Körperkontakt zu vermeiden.

Dies verhinderte möglicherweise die vierte Welle, sagte der Staatsvirologe Anders Tegnell Ende Oktober gegenüber dem Deutschlandfunk. «Ausserdem ging es in Schweden nicht so viel hin und her mit Lockdowns und Öffnungen. Das ist jetzt nur meine persönliche Spekulation, aber wir hatten ja während der gesamten Pandemie ein relativ konstantes Niveau an sozialen Kontakten. Das Ende der Restriktionen war für die Menschen deshalb keine dramatische Veränderung.»

Weniger Menschen auf engem Raum

Ausserdem ist das Land vergleichsweise dünn besiedelt. Auf 450'000 Quadratkilometern leben 10,4 Millionen Einwohner. Die Schweiz hat zehnmal weniger Fläche für nur rund zwei Millionen weniger Menschen. In Deutschland leben auf 360'000 Quadratkilometern 83,1 Millionen Menschen. Die Erfahrung aus den fast zwei Jahren Pandemie zeigt: Je weniger Menschen auf engem Raum zusammenkommen, umso schlechter kann sich das Virus verbreiten.

Dennoch bewährte sich Schwedens Sonderweg nicht immer. Bevor mit der Impfung ein effektives Mittel im Kampf gegen die Pandemie entwickelt wurde, waren die Zahlen teilweise sehr hoch. Insgesamt sind rund 15'000 Menschen gestorben. (man)

Christoph Berger, Praesident, Eidgenoessische Kommission fuer Impffragen EKIF, spricht an einem Point de Presse zur Covid 19 Situation, am Dienstag, 16. November 2021, in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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