US-Präsident Joe Biden (81) hat dieser Tage grad gar viel um die Ohren: Sein Sohn Hunter (54) wurde am Dienstag wegen illegalen Waffenbesitzes schuldig gesprochen, theoretisch könnte er im Knast landen. Sein Kontrahent Donald Trump (77) fordert ihn in zwei Wochen zum ersten Live-TV-Duell heraus. Und sein Wahlkampfteam hat ihm am Wochenende einen Spenden-Anlass mit Hollywoodstar George Clooney (63) in Los Angeles aufgebrummt.
Zeit für einen Besuch auf dem Bürgenstock bleibt da keine. Deshalb schickt Biden seine Stellvertreterin Kamala Harris (59) an den Ukraine-Gipfel. Und für die Vizepräsidentin mit den historisch schlechten Zustimmungswerten wird der Besuch in Nidwalden zum alles entscheidenden Schaulaufen.
Harris, die Tochter eines jamaikanischen Austauschstudenten und einer indischen Einwanderin, war als erst zweite schwarze Senatorin der US-Geschichte und als Staatsanwältin einst äusserst erfolgreich. Als Vizepräsidentin aber hat die Kalifornierin bislang keine gute Falle gemacht.
Die Republikaner verabscheuen die erste Frau im Vize-Amt sowieso. Doch auch auf demokratischer Seite ist Harris zuletzt unter Beschuss gekommen, nicht zuletzt von jungen und linken Kreisen, die ihr eine zu grosse Israel-Nähe unterstellen.
Harris wird ihr Ziel verpassen
In Zeiten, in denen selbst eiskalt kalkulierende Experten wie der Star-Statistiker Nate Silver (46) sich laut fragen, ob die Demokraten nicht doch besser daran täten, den dattrigen Biden aus dem Rennen zu ziehen, liegt der Fokus erneut voll auf Kamala Harris. Als Vize-Kandidatin wäre sie die gesetzte demokratische Erbfolgerin im laufenden Wahlkampf, sollte Biden sich aus dem Rennen zurückziehen. Wenn Biden stirbt, wird sie automatisch Präsidentin.
Ihre 17. Reise als Amerikas Nummer zwei – die erste in die Schweiz überhaupt – ist deshalb ihre allerwichtigste. Als Stargast auf dem Bürgenstock (neben Ukraine-Präsident Wolodimir Selenski, versteht sich) kommt ihr die Rolle des Sprachrohrs zu, das am Ende der zweitägigen Konferenz bestenfalls bahnbrechende Erfolge im Umgang mit der russischen Bedrohung verkünden soll.
Doch das wird Harris nicht gelingen. Gewichtige internationale Stimmen wie die Türkei, China, Südafrika oder Brasilien haben ihre Teilnahme am Schweizer Gipfel abgesagt. Harris ist der Chance beraubt, einen diplomatischen Grosserfolg in der Innerschweiz erzielen und damit ihr mageres globales Profil schärfen zu können.
Selenski ist kein Harris-Fan
Zudem dürfte das erneute Zusammentreffen mit Selenski nicht nur angenehm werden. Zuletzt sind sich die beiden im Februar an der Münchner Sicherheitskonferenz begegnet. Harris warnte Selenski hinter verschlossenen Türen laut der «Washington Post» damals, die russische Öl-Infrastruktur unter Beschuss zu nehmen, weil das die Öl-Preise in die Höhe treiben und Russland «unnötig provozieren» könnte. Wenige Wochen später griff die Ukraine nicht weniger als 12 russische Öl-Raffinerien an. Ein klares Zeichen, wie viel der ukrainische Präsident auf die Meinung der Amerikanerin gibt.
Selenski ist kein Harris-Fan. Noch im Mai betonte er wiederholt, wie wichtig es wäre, dass Biden persönlich an den Gipfel in die Schweiz reise. «Der Friedensgipfel braucht Präsident Biden.» Wenn er nicht komme, sei das ein Mini-Sieg für Putin.
Biden kommt nicht, dafür Harris – übrigens mit den hochgeheimen Atombomben-Codes im Handgepäck. Sollte Biden während Harris’ Schweiz-Ausflug etwas passieren, wäre sie sofort Präsidentin und müsste im Notfall einen Nuklearschlag befehligen können.
Noch Anfang Woche tanzte die Vizepräsidentin bei einer Feier im Weissen Haus mit dem Musiker Kirk Franklin vor einer applaudierenden Menge auf der Bühne. Auf dem Bürgenstock wird’s mehr brauchen als gute Moves, um das Publikum zu beeindrucken.