Er tauchte erfolgreich unter und führte die Polizei jahrelang an der Nase herum. Jetzt ist Mafioso Antonio S.* (44) aber aufgeflogen, wie Recherchen von MDR und der «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) zeigen. Dem Italiener wurde Ende Oktober ein simpler Blechschaden zum Verhängnis.
An dem besagten Tag seien die Beamten des Polizeipräsidiums Duisburg zu einem Verkehrsunfall gerufen worden. Der als DHL-Paketbote getarnte Antonio S. war beim Rückwärtsfahren in den Wagen einer älteren Dame gekracht. Die Polizei rückte an und protokollierte den Unfall. Als die Beamten jedoch Namen und Geburtsdaten des Paketboten überprüften, wurden sie stutzig: Bei dem Unfallfahrer handelte es sich um den per internationalen Haftbefehl gesuchten Antonio S. aus Kalabrien!
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Die Beamten nahmen den Italiener sofort fest. Wenig später wurde er in die Justizvollzugsanstalt verlegt, wo er auf seine Überstellung nach Italien wartet. Doch wer ist der Mafioso, der die Behörden jahrelang auf Trab hielt?
Er hatte auch bei den Duisburger Mafiamorden seine Finger im Spiel
Nach Angaben von MDR und FAZ handelte es sich bei S. um einen gebürtigen Italiener, der den Pelle-Vanchelli, einem einflussreichen Clan der ’Ndrangheta der kalabrischen Mafia, angehören soll. Da S. auf schnelle Autos abfährt, ist er auch unter den Namen «U Meccanicu» oder «TT» bekannt.
S., der seit Januar in Italien zur Fahndung ausgeschrieben war, ist auch in Deutschland kein unbeschriebenes Blatt. So ist der Mafioso den Berichten zufolge auch in Bezug auf die Duisburger Mafiamorde, bei denen 2007 sechs Männer erschossen wurden, aktenkundig. S. war damals im Restaurant «Da Bruno», in dem es zur Bluttat kam, als Pizzabäcker angestellt. Da der N'drangheta-Clan, dem die Familie von S. angehörte, für die Morde verantwortlich gemacht wurde, geriet schliesslich auch S. ins Visier der Justiz. Ihm wurde zur Last gelegt, als Strohmann der Pelle-Vanchelli fungiert zu haben. Ein italienisches Gericht verurteilte ihn deshalb zu 19 Monaten Freiheitsstrafe.
Statt die Strafe abzusitzen, machte er sich aus dem Staub. Seine Flucht missglückte aber und er wurde kurze Zeit später von den deutschen Behörden wegen illegalen Waffenbesitzes aufgegriffen und festgenommen. Da das Urteil aus Italien jedoch noch nicht rechtskräftig war, kam er wieder auf freien Fuss und tauchte erneut unter. Erst fünf Jahre später ging er der Polizei in Moers im Ruhrgebiet schliesslich ins Netz. Seine Strafe habe er offenbar abgesessen.
Mafioso soll auch Kokain vertickt haben
Kaum war er wieder auf freiem Fuss, liess sich S. erneut zu krummen Machenschaften hinreissen: Wie die Recherchen von MDR und FAZ zeigen, soll er die Strippen in internationalen Kokaingeschäften gezogen haben.
Seine Dealer-Geschäfte flogen schliesslich auf und S. wurde von der italienischen Justiz erneut zu fünf Jahren Haft verurteilt. An die Meldeauflagen der Behörden hielt sich der Mafioso jedoch nicht. Stattdessen flüchtete er erneut nach Nordrhein-Westfalen und kam dort offenbar bei Freunden aus dem N'drangheta-Umfeld unter.
Weshalb S. nach dem Unfall in Duisburg die Behörden nicht auszutricksen versuchte, ist unklar. S. schien sich in Deutschland sicher zu fühlen. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat die Festnahme gegenüber MDR und FAZ bestätigt. (dzc)
*Name bekannt