Israel steht kurz vor Angriff auf die Hisbollah – und die Welt bangt
Diese Invasion würde alles in den Schatten stellen

Um auch die Angriffe der Terror-Miliz Hisbollah zu stoppen, will die israelische Armee in den Libanon einmarschieren. Das macht nicht nur das Weisse Haus nervös. Konsequenzen hätte ein offener Krieg auch für Europa.
Publiziert: 19.06.2024 um 18:10 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2024 um 19:15 Uhr
An der Grenze zum Libanon bringt sich ein israelischer Panzer in Stellung. Wann beginnt die Invasion?
Foto: AFP
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Guido FelderAusland-Redaktor

Wie im Mittelalter schiessen israelische Soldaten mit einer grossen Schleuder Feuerbälle über eine Mauer Richtung Libanon. Ihr Ziel: die dichte Vegetation in Brand zu setzen, in der sich die Terroristen der Hisbollah-Miliz verstecken.

Was relativ harmlos aussieht, könnte sich schon bald zu einem Krieg mit vielen Toten ausweiten. Denn am Dienstag hat das israelische Militär Pläne für eine Offensive im Libanon abgesegnet, um gegen die Hisbollah zu kämpfen.

Kommts nach der Ukraine nun auch in Nahost zum grossen Krieg? Wir erklären, warum eine Invasion die USA so nervös macht und auch für uns spürbare Folgen hätte.

Was plant Israel im Libanon?

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit rund 1200 Toten und 250 Geiseln sowie der anschliessenden Invasion der Israelis in den Gazastreifen hat auch die Hisbollah im Süden des Libanons ihre Aggression gegenüber Israel erhöht. Wegen der tödlichen Raketenangriffe und den Gegenschlägen wurden bisher auf beiden Seiten rund 150'000 Menschen aus der Grenzregion vertrieben.

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Seit mehreren Monaten läuft schon die Offensive im Gazastreifen.
Foto: AFP

Am Dienstag hat Israels Militär «operative Pläne für eine Offensive im Libanon» genehmigt. Israels Aussenminister Israel Katz (68) wählte heftige Worte: «In einem totalen Krieg wird die Hisbollah zerstört und der Libanon schwer getroffen werden.»

Kurz nach der Ankündigung tötete eine israelische Rakete im Südlibanon drei Hisbollah-Kämpfer. Schon 1982 und 2006 war es zu Kriegen zwischen Israel und Truppen im Libanon gekommen.

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Welche Chancen hat Israel?

Ein Angriff Israels würde sich wohl zuerst darauf konzentrieren, per Fernbeschuss Kommandozentralen, Raketenbasen und Waffenlager zu vernichten. In einer Bodenoffensive würden sich die Israelis auf die Suche nach dem Tunnelsystem machen, das mehrere 100 Kilometer lang sein soll.

Die Terror-Miliz Hisbollah wird vom Iran mit Waffen beliefert und ausgebildet. Sie verfügt über rund 150'000 Raketen, von denen viele von Lastwagen oder unterirdischen Bunkern aus abgefeuert werden können, was das Auffinden der Rampen erschwert.

Israel ist zwar militärisch überlegen. Aber laut dem Center for Strategic and International Studies in Washington D.C. (CSIS) würden auch massive Angriffe nicht zur Zerschlagung der Hisbollah führen, da die Organisation tief im Libanon verwurzelt ist und sich in den Norden zurückziehen würde.

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Warum werden die USA so nervös?

Die USA sind militärisch bereits in mehrere Krisen involviert, so in der Ukraine, in Taiwan und auch auf der koreanischen Halbinsel. Ein weiterer Brandherd würde weitere militärische Mittel verschlingen und die US-Verteidigung herausfordern.

Es geht aber auch um die Wiederwahl von US-Präsident Joe Biden (81). Die Empörung über die israelische Invasion im Gazastreifen, die bisher rund 37'000 Tote gefordert hat, wächst weltweit. In den USA sind es vor allem Arabischstämmige und Linke – Bidens Wähler –, die gegen die bisherige Israel-Politik protestieren.

Warum müssen wir vor einer Libanon-Invasion Angst haben?

Bei einem offenen Nahost-Krieg würde die ganze Welt bangen. Das CSIS schreibt: «Ein Krieg könnte die Spannungen innerhalb der Bevölkerung im Nahen Osten und darüber hinaus – auch in den Vereinigten Staaten und Europa – dramatisch erhöhen und zu vermehrten Angriffen von iranisch unterstützten Gruppen auf Israel, die Vereinigten Staaten und kommerzielle Ziele in der Region und den Küstengebieten führen.»

Bei einem umfassenden Krieg rechnet das CSIS mit erheblichen Auswirkungen auf Handel, Lieferketten, Energiepreise, Investitionen und Tourismus sowie auch mit grossem menschlichem Leid und hohen humanitären Kosten.

Wie kann man einen Krieg verhindern?

Die USA setzen auf Deeskalation. Am Montag hat Joe Biden seinen Berater Amos Hochstein (51) als Vermittler in den Nahen Osten geschickt. Nach wie vor halten die USA Tausende von Raketen zurück, die sie Israel versprochen haben.

Da die Angriffe der Hisbollah in direktem Zusammenhang mit der israelischen Offensive im Gazastreifen stehen, sagte US-Aussenminister Antony Blinken (62) am Dienstag: «Wenn es zum Waffenstillstand in Gaza kommt, denke ich, wird es wahrscheinlicher, dass wir eine diplomatische Lösung für die Krise im Norden finden können.»

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