Israel erklärt Machtübernahme in Enklave
«Hamas hat in Gaza die Kontrolle verloren»

37 Tage nach Beginn des Krieges hat Israel die Macht in Gaza-Stadt übernommen. Die Hamas-Terrortruppen seien auf der Flucht. Unklar bleiben das Ende des Krieges und die Zukunft der Enklave. Israels Premier strebt keine Besetzung, aber eine Entmilitarisierung an.
Publiziert: 14.11.2023 um 00:54 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2023 um 09:31 Uhr
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Israelische Soldaten am Montag im seit 2006 von der Hamas geführten Parlament in Gaza-Stadt. Die Terroristen seien vertrieben und auf der Flucht, erklärte Israels Verteidigungsminister.
Foto: Twitter
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Fünf Wochen nach den Hamas-Gräueltaten in Israel an Zivilisten und dem Beginn des Gaza-Krieges hat die islamistische Palästinenserorganisation nach den Worten des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallant (65) «die Kontrolle in Gaza» verloren.

Die Hamas-Kämpfer seien dabei, in den Süden des Palästinensergebiets zu flüchten, Zivilisten plünderten Hamas-Stützpunkte, sagte Gallant am Montag in einem von israelischen Fernsehsendern ausgestrahlten Video.

«Es gibt keine Hamas-Truppe, die in der Lage wäre, die Streitkräfte Israels aufzuhalten», so Gallant. Seine Truppen würden «an jedem Ort vorrücken». Die Zivilbevölkerung habe «kein Vertrauen mehr in die Regierung der Hamas» im Gazastreifen, sagte Gallant. Belege für seine Äusserungen legte er nicht vor.

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Israelische Medien berichteten am Montag unter Berufung auf Armeevertreter, die vor Kriegsbeginn in 24 Bataillone unterteilten rund 30'000 Hamas-Soldaten hätten in den vergangenen fünf Wochen «grosse Schläge» erlitten, mehrere Bataillone seien nach dem Tod ihrer Kommandeure führerlos und nicht mehr voll kampffähig.

Auch Gazas Parlament ist in der Hand der Israelis. Bilder in sozialen Medien zeigen Soldaten mit israelischen Flaggen im Parlamentsgebäude der Palästinenser. Über die Verwaltung des Gazastreifens nach Ende der israelischen Militäroperation und eine etwaige permanente Sicherheitspräsenz Israels in den Palästinensergebieten gibt es noch keine verbindlichen Pläne.

In diesem Gaza-Parlament tagten die Terroristen

Soldaten der israelischen Infanterieeinheit Golani haben am Montag Flaggen Israels in dem Sitzungssaal des palästinensischen Legislativrats im Viertel Rimal gehievt. Die islamistische Hamas hatte 2006 bei Parlamentswahlen gegen die gemässigtere Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gesiegt. Ein Jahr später übernahm die Hamas gewaltsam die alleinige Kontrolle des Gazastreifens.

Seit der Machtübernahme der Hamas gab es de facto zwei getrennte Regierungen – eine in Gaza und eine in Ramallah. Seit Beginn des Bruderkriegs zwischen den beiden rivalisierenden Palästinenserorganisationen gab es auch keine neuen Parlaments- oder Präsidentenwahlen mehr. Der Legislativrat tagte seit Machtübernahme der Hamas in Gaza im Juni 2007 nicht mehr. Ende 2018 hat Abbas ihn für aufgelöst erklärt. Das Parlamentsgebäude in Gaza wurde nur noch von Hamas-Abgeordneten genutzt.

Soldaten der israelischen Infanterieeinheit Golani haben am Montag Flaggen Israels in dem Sitzungssaal des palästinensischen Legislativrats im Viertel Rimal gehievt. Die islamistische Hamas hatte 2006 bei Parlamentswahlen gegen die gemässigtere Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gesiegt. Ein Jahr später übernahm die Hamas gewaltsam die alleinige Kontrolle des Gazastreifens.

Seit der Machtübernahme der Hamas gab es de facto zwei getrennte Regierungen – eine in Gaza und eine in Ramallah. Seit Beginn des Bruderkriegs zwischen den beiden rivalisierenden Palästinenserorganisationen gab es auch keine neuen Parlaments- oder Präsidentenwahlen mehr. Der Legislativrat tagte seit Machtübernahme der Hamas in Gaza im Juni 2007 nicht mehr. Ende 2018 hat Abbas ihn für aufgelöst erklärt. Das Parlamentsgebäude in Gaza wurde nur noch von Hamas-Abgeordneten genutzt.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu (74) sagte dem US-Sender Fox News vergangene Woche, sein Land beabsichtige nicht, den Gazastreifen nach dem Ende des Krieges mit der Hamas zu «besetzen» oder zu regieren. Die Enklave müsse «entmilitarisiert, deradikalisiert und wieder aufgebaut» werden.

Ende des Krieges unbekannt

Israel müsse eine «zivile Regierung» finden, um die seit 2006 von der Hamas regierte Enklave zu regieren, so Netanyahu, der keine Angaben machte, wer ein solches Gremium bilden würde. «Wir wollen Gaza nicht regieren, wir wollen es nicht besetzen», sagte der israelische Regierungschef. «Aber wir versuchen, Gaza und uns eine bessere Zukunft zu geben. Das erfordert den Sieg über die Hamas.» Netanyahu habe sich «Ziele gesetzt, aber keinen Zeitplan festgelegt, weil es länger dauern kann».

Die israelische Armee erklärte derweil, ihre Soldaten würden «weiter Razzien vornehmen und terroristische Infrastruktur ins Visier nehmen, die in Regierungsgebäuden und inmitten der Zivilbevölkerung untergebracht» sei, darunter «Schulen, Universitäten, Moscheen». In der Abu Bakr-Moschee hätten Soldaten «eine grosse Menge Sprengstoff» gefunden sowie Waffen, Militärausrüstung und Einsatzpläne der Hamas.

Verteidigungsminister Gallant sprach von koordinierten, präzisen Schlägen der Luft-, See- und Landstreitkräfte, die aufgrund präziser Informationen ausgeführt würden. (mit AFP)

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