Indischer Clan muss sich vor Gericht verantworten
Hielten Genfersee-Milliardäre Frauen wie Leibeigene?

Gegen die indische Familie Hinduja werden schwere Vorwürfe erhoben: In ihrer Villa in Cologny GE sollen sich schlimme Dinge zugetragen haben. Nun müssen sie sich wegen Menschenhandels und Wucher vor Gericht verantworten.
Publiziert: 25.01.2024 um 11:24 Uhr
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Aktualisiert: 26.01.2024 um 06:59 Uhr
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Der Sohn des Ehepaars Hinduja (2.v.r.) und seine Frau (2.v.l.) mit ihren Anwälten Yael Hayat (l.) und Robert Assael (r.).
Foto: keystone-sda.ch
Sandra Gerber

Eine imposante Villa reiht sich an die andere. Die Gemeinde Cologny ist die Genfer Heimat der Superreichen. Zu ihnen gehört auch die indische Familie Hinduja – mit einem Vermögen von 9 bis 10 Milliarden Franken, wie das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» kürzlich schätzte. Der Reichtum stammt, so die Zeitschrift, «aus den unterschiedlichsten Geschäftsfeldern, von Lastwagen und Schmierstoffen bis zu Banken und Kraftwerken».

Doch hinter den verschlossenen Türen ihrer 400-Quadratmeter-Villa soll sich Schreckliches abgespielt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft der Familie Hinduja vor, Personen aus Indien mit Touristenvisa in die Schweiz geschleust und ihnen dann die Pässe entwendet zu haben. Anschliessend sollen das Ehepaar Kamal und Prakash Hinduja sowie deren Sohn und Schwiegertochter die Menschen unterdrückt, eingesperrt und wie Leibeigene gehalten haben. Dies berichtet der «Tages-Anzeiger».

Die Hindujas müssen sich ab Donnerstag vor einem Genfer Strafgericht verantworten. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

Angestellte wohnten in Luftschutzbunker

Eine der drei Klägerinnen ist eine 58-jährige Inderin, die von 1997 bis 2018 als Hausangestellte für die Familie arbeitete. Der Staatsanwalt hält in seiner Anklageschrift fest, dass die Frau in dieser Zeit täglich von 7 Uhr bis 23.30 Uhr ohne einen Tag Pause gearbeitet habe. Als Lohn erhielt die Inderin laut Swissinfo nur einige Hundert Franken pro Monat.

Sie bekam nur das Nötigste zu essen, Kontakte ausserhalb der Familie waren verboten. Zusammen mit anderen Angestellten schlief sie in einem Etagenbett in einem fensterlosen Luftschutzbunker unter der Villa.

Die Inderin hätte wohl noch länger unter diesen miserablen Bedingungen gelebt – wenn nicht eine andere Hausangestellte die Flucht ergriffen und Anzeige erstattet hätte. Neben den insgesamt drei Klägerinnen lebten laut Staatsanwaltschaft rund 15 weitere Personen unter ähnlich ausbeuterischen Bedingungen in der Villa in Cologny, so Swissinfo.

Milliardäre sparten 3,5 Millionen Franken

Alles endete schliesslich am 12. April 2018. Die Polizei erschien auf dem Grundstück der Hindujas und nahm die Familie in Gewahrsam. Unter dem Druck der Staatsanwältin gestanden die Familienmitglieder, das geltende Arbeitsrecht verletzt, keine Sozialleistungen bezahlt und keine Arbeitsbewilligungen eingeholt zu haben. Sie erklärten sich bereit, die Kläger mit je 25'000 Franken zu entschädigen.

Die Anwälte der mutmasslich Geschädigten fordern jedoch entgangene Lohnsummen von mehreren Hunderttausend Franken, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Durch die Ausbeutung sollen sich die Milliardäre um 3,5 Millionen Franken bereichert haben.

Prakash und Hamal Hinduja werden laut der Zeitung von der Staatsanwaltschaft als «Wiederholungstäter» bezeichnet: Bereits 2007 musste das Paar eine Busse von 10'000 Franken bezahlen – wegen fehlender Aufenthaltsbewilligung für Hausangestellte, zu tiefer Lohnzahlungen und nicht abgeführter Sozialleistungen und Quellensteuern. Sollten die Hindujas erneut verurteilt werden, dürfte die Strafe deutlich höher ausfallen.

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