In vier annektierten Gebieten
Darum verhängt Putin gerade jetzt das Kriegsrecht

Für Wladimir Putin herrscht nun offiziell Krieg – zumindest in den von ihm widerrechtlich annektierten Gebieten. Dort gilt nun Kriegsrecht, doch warum gerade jetzt?
Publiziert: 20.10.2022 um 02:21 Uhr
|
Aktualisiert: 20.10.2022 um 09:55 Uhr
1/5
Wladimir Putin hat sich entschieden, Kriegsrecht zu verhängen.
Foto: keystone-sda.ch

Wladimir Putin (70) führt das Kriegsrecht in den annektierten Gebieten der Ukraine ein. Hierfür habe er ein Dekret unterzeichnet, verkündete er bei einer im Staatsfernsehen übertragenen Ansprache im nationalen Sicherheitsrat am Mittwoch.

Es werde dieses dem Förderationsrat unverzüglich zur Genehmigung vorgelegt, erklärte Putin. Die Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sind Ende September von Russland annektiert worden. International wird die Annexion nicht anerkannt.

Ukraine schaltet flächendeckend Strom ab
2:00
Nach russischen Angriffen:Ukraine schaltet flächendeckend Strom ab

Diesen Grund schiebt Putin für Kriegsrecht vor

Schon bevor die Gebiete Teil von Russland geworden sind, habe dort das Kriegsrecht gegolten, behauptet Putin zum Entscheid. «Jetzt müssen wir dieses Regime formalisieren.»

Ukraine-Soldat filmt sich während Raketen-Angriff
1:32
«Wer möchte Geld dafür?»:Ukraine-Soldat filmt sich während Raketen-Angriff

Die Verhängung des Kriegsrechts begründete Putin damit, dass Kiew es ablehne, die Ergebnisse der Abstimmungen über einen Beitritt zu Russland anzuerkennen. «Im Gegenteil, der Beschuss geht weiter. Unschuldige Menschen sterben», sagte Putin.

Das ändert sich, wenn Kriegsrecht gilt

Mit dem Kriegsrecht könnten Rückeroberungsversuche in den besetzten Gebieten als Angriff auf Russland gewertet werden. Zudem gehen damit erweiterte Machtbefugnisse für die russischen Besatzungsverwaltungen in den Gebieten einher.

Bewohner können nun zur Arbeit in der Rüstungsindustrie gezwungen oder an Reisen gehindert werden. Die Einführung von Militärzensur oder das Abhören privater Telefongespräche ist offiziell auch möglich, genauso wie die Einführung einer Sperrstunde, die Beschlagnahmung von Privateigentum, eine Festnahme von bis zu 30 Tagen oder eine Zwangsumsiedlung in andere Gebiete. Die Massnahmen eignen sich auch, die Kontrolle über die russische Bevölkerung zu verstärken.

Darum gerade jetzt

Putin verkündet das Kriegsrecht kurz, nachdem die Teilmobilmachung angeblich ausläuft. Der Zeitpunkt ist speziell, macht jedoch Sinn. Denn die russische Mobilmachung hat Probleme aufgedeckt.

Dem russischen Militär fehlt es an allem. Es gibt keine Kleidung, Ausrüstung, kaum Unterkünfte. Das Kriegsrecht erlaubt es Putin nun, die nötigen Ressourcen für deren Kriegsausstattung zu ermöglichen.

Das sagt die Ukraine

Der Berater von Ukraine-Präsident Wolodimir Selenski (44), Mychajlo Podoljak (50), hat sich auf Twitter zu Putins Entscheidung, das Kriegsrecht in den annektierten Gebieten auszurufen, geäussert.

«Die Einführung des Kriegsrechts» in den besetzten Gebieten durch die Russische Föderation solle nur als Pseudo-Legalisierung der Plünderung des ukrainischen Eigentums betrachtet werden, schrieb Podoljak. «Für die Ukraine ändert sich dadurch nichts: Wir setzen die Befreiung und die Räumung unserer Gebiete fort.» (euc)

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?