In Guantánamo wurden früher Islamisten gefoltert
Trump will 30'000 Migranten in Terror-Lager verfrachten – nur wie?

US-Präsident Trump plant, Guantánamo Bay als Abschiebezentrum für 30'000 illegale Einwanderer zu nutzen. Experten bezweifeln die Umsetzbarkeit und warnen vor rechtlichen Problemen.
Publiziert: 30.01.2025 um 20:15 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2025 um 22:26 Uhr
Guantánamo Bay – ein Ort, der für Folter, Willkür und rechtliche Grauzonen steht. Jahrelang wurde die Schliessung gefordert – doch Donald Trump (78) hat andere Pläne: Statt das Lager abzuwickeln, will er es als Abschiebezentrum nutzen.
Foto: AFP
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Guantánamo Bay – ein Ort, der für Folter und Willkür steht. Nach den 9/11-Anschlägen richteten die USA hier ein Gefangenenlager ein, in dem Terror-Verdächtige ohne Prozess festgehalten wurden. Jahrelang wurde die Schliessung angekündigt – doch Donald Trump (78) hat andere Pläne: Statt das Lager abzuwickeln, will er es als Abschiebezentrum nutzen.

30'000 der «schlimmsten kriminellen illegalen Einwanderer» sollen dort inhaftiert werden, kündigte er an. Nur: Zwischen 2020 und 2023 waren dort gerade einmal 37 Personen untergebracht. Nun soll das 10'000-fache an Menschen dorthin gebracht werden. Flüchtlinge statt Terroristen – wie soll das gehen?

Was genau hat Trump angekündigt?

Trump erklärte am Mittwoch, dass er Personen, die von der US-Migrationsbehörde ICE aufgegriffen werden, bis zu ihrer Abschiebung in Guantánamo Bay festhalten möchte. Ziel sei es, Migranten, die er als Gefahr für die USA sieht, von amerikanischem Boden fernzuhalten. Zudem sind Abschiebezentren in den USA bald an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Er will dazu bestehende, aber kaum genutzte Einrichtungen in Guantánamo ausbauen.

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Guantánamo Bay – ein Ort, der für Folter, Willkür und rechtliche Grauzonen steht. Jahrelang wurde die Schliessung gefordert – doch Donald Trump (78) hat andere Pläne: Statt das Lager abzuwickeln, will er es als Abschiebezentrum nutzen.
Foto: AFP

30'000 Menschen – ist das logistisch machbar?

Laut US-Medien ist die Einrichtung nicht auf so viele Menschen ausgelegt – und war es wohl auch nie. Ein US-Beamter sagte gegenüber CNN: «Es gibt auf keinen Fall 30'000 Betten.»

Und um diese Anzahl von Menschen zu versorgen, müssten die USA auch deutlich das Personal an dem Militärstützpunkt aufstocken. Ein Ausbau der Einrichtung wäre extrem kostspielig und könnte Jahre dauern.

Wofür wurde Guantánamo Bay errichtet?

Der US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay besteht seit 1903. Bekannt wurde er durch das Gefangenenlager, das nach 9/11 für mutmassliche Terroristen errichtet wurde. Da es ausserhalb des US-Festlands liegt, konnten Häftlinge dort unter Bedingungen festgehalten werden, die in den USA rechtlich unmöglich gewesen wären. Das Lager wurde schnell zum Symbol für Folter und Rechtsverletzungen.

Gibt es dort noch Gefangene?

Ja, aber nur noch sehr wenige. Zu Spitzenzeiten waren fast 800 Menschen in Guantánamo inhaftiert, die meisten ohne Gerichtsverfahren. In den letzten Jahren wurden viele Gefangene entweder freigelassen oder in andere Länder überstellt. Heute sind nur noch 15 Häftlinge dort – das ist die niedrigste Zahl seit der Eröffnung des Lagers im Jahr 2002. Einige von ihnen warten noch auf Prozesse, andere könnten bald freigelassen werden.

Wurden schon einmal Migranten in Guantánamo Bay festgehalten?

Ja, aber in geringer Zahl. In den 1990er-Jahren nutzten die USA Guantánamo als Zwischenstation für Migranten, die auf See aufgegriffen wurden. Doch in den letzten Jahren war das kaum noch der Fall – zwischen 2020 und 2023 wurden dort nur 37 Migranten untergebracht.

Was genau passiert mit den Migranten auf der Insel?

Das ist eine der grossen offenen Fragen. Trump präzisierte nicht, welche Regeln für die Inhaftierung gelten sollen oder was mit den Menschen nach ihrer Ankunft passiert.

Normalerweise müssen Migranten in den USA ein Asylverfahren durchlaufen, bevor sie abgeschoben oder inhaftiert werden können. Falls Trump versucht, Migranten ohne Verfahren nach Guantánamo zu bringen, könnte das gegen US-amerikanische und internationale Gesetze verstossen.

Ein weiteres Problem: Was passiert mit den Migranten, die nicht in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden können? In Guantánamo befinden sich noch immer einige Häftlinge aus der Bush-Ära, weil kein Land sie aufnehmen will. Dasselbe könnte mit den Migranten passieren – sie würden möglicherweise jahrelang in einer rechtlichen Grauzone festsitzen.

Wie fallen internationale Reaktionen aus?

Besonders Kuba hat sich empört gezeigt: Präsident Miguel Díaz-Canel nannte den Plan einen «Akt der Brutalität» und verurteilte die USA dafür, dass sie Migranten direkt neben das berüchtigte Gefängnis bringen wollen.

Auch Menschenrechtsorganisationen schlagen Alarm. «Amnesty International» kritisierte den Vorschlag als Fortsetzung der menschenrechtswidrigen Praxis in Guantánamo. Die Vereinten Nationen könnten sich ebenfalls einschalten, da das Vorhaben gegen grundlegende Prinzipien des Flüchtlingsschutzes verstossen könnte.

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