Bei der Suche nach dem vermissten neunjährigen Mädchen in Sachsen (D) ist am Dienstag nahe der Stadt Döbeln eine leblose Person gefunden worden. Bei der Toten handelt es sich um das Kind, das seit dem 3. Juni vermisst wird, wie die Polizei am Mittwoch an einer Pressekonferenz mitgeteilt hat.
Die Neunjährige aus Döbeln im Landkreis Mittelsachsen war am Montag vergangener Woche zuletzt gesehen worden. Das Kind erschien an dem Tag nicht in der Schule. Der Fall sorgt über die Grenzen Deutschlands hinaus für viel Aufsehen. Blick zeigt dir, was bisher zum Fall bekannt ist und wo noch offene Fragen bestehen.
Das ist bisher bekannt:
Wer ist das Opfer?
Beim am Dienstag in einem Waldstück bei Döbeln aufgefundenen Mädchen handelt es sich um das seit dem 3. Juni verschwundene Mädchen Valeriia (†9). Die Behörden gehen davon aus, dass das ukrainische Mädchen am frühen Morgen des 3. Juni sein Elternhaus verliess und sich auf den Weg in die Schule machte. Dort kam Valeriia jedoch nie an.
Wie kam das Mädchen zu Tode?
Ein Verbrechen wurde von Beginn weg nicht ausgeschlossen. Am Mittwoch nun die Gewissheit: «Valeriia kam auf gewaltsame Weise ums Leben», teilten die Behörden mit. Noch in der Nacht habe man eine entsprechende Obduktion durchgeführt. Diese ergab, dass ein Unbekannter das Mädchen getötet hat. Hinweise auf ein Sexualverbrechen konnten keine gefunden werden. Von einem Unfall gingen die Ermittler schnell nicht mehr aus.
Die zuständige Kommission ermittle nun wegen Mordes oder wegen Totschlags.
Wie gingen die Ermittler vor?
Wie die Behörden an der Medienkonferenz vom Mittwoch ausführten, wurde ein enormer Aufwand betrieben, um die kleine Valeriia noch lebend zu finden. Zahlreiche Helikopter, Suchtrupps, Fährtenspürhunde und Drohnen standen im Einsatz. In der gesamten Umgebung Döbelns wurden Überwachungskameras analysiert. Selbst vorbestrafte Sexualtäter wurden eingehend überprüft.
Wie «Bild» berichtet, sollen die Ermittler allerdings eine entscheidende Zeugenaussage tagelang nicht ernst genommen haben. Die Aussage soll letztlich zur Leiche des Kindes geführt haben, schreibt das Boulevardblatt.
Am 5. Juni, zwei Tage nachdem die Schülerin als vermisst gemeldet wurde, meldete sich demnach eine Zeugin bei der Polizei. Sie berichtete von einem Schrei, den sie am Tag von Valeriias Verschwinden in einem Waldstück gehört hatte – dem Waldstück, in dem Valeriia am Mittwoch gefunden wurde.
Sieben Tage lang ging die Polizei dem Hinweis nicht nach. Warum? «Wir konnten den Bereich aufgrund der Aussage nicht eingrenzen», verteidigt sich Kripo-Chefin Mandy Kürschner. «Wir brauchten wirklich einen weiteren, validen Hinweis, um das einzugrenzen. Die Zeugin konnte eine grobe Richtung benennen, von wo sie den Schrei gehört hat. Sie konnte das aber nicht weiter präzisieren.»
Erst als Valeriias Familie der Polizei sagte, dass man sich in dem Waldgebiet schon häufiger aufgehalten hatte, wurde die Zeugin erneut vorgeladen. Erst am Dienstag wurde die Suche dann tatsächlich auf das Gebiet ausgedehnt – und das tote Kind eine Woche nach dem Hinweis der Zeugin gefunden.
Wo wurde die Leiche gefunden?
Valeriias Leiche wurde am Dienstag gegen 14.30 Uhr von der Polizei in einem Wald zwischen dem Rossweiner Ortsteil Mahlitzsch und dem Döbelner Ortsteil Hermsdorf gefunden. Der Fundort befindet sich rund vier Kilometer von Valeriias Wohnort entfernt.
Im betroffenen Waldstück existieren weder Waldwege noch andere grössere Infrastruktur. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Fundort auch der Tatort ist.
Wo befinden sich Valeriias Eltern jetzt?
Die Mutter (33) der kleinen Valeriia befindet sich in diesen schlimmen Stunden in psychologischer Betreuung. Polizei-Psychologen und Seelsorger kümmern sich nach dem tragischen Verlust um die Mutter. Im Herbst 2022 flüchtete Valeriias Mutter mit ihren zwei Töchtern Valeriia und Viktoria (3) aus der Ukraine nach Deutschland.
Die deutschen Behörden stehen ausserdem im Kontakt mit den ukrainischen Behörden, da sich der Vater immer noch in der Ukraine aufhalte. In einem emotionalen Appell wandte dieser sich vergangene Woche ebenfalls an die Öffentlichkeit. Er richtete sich dabei direkt an mögliche Entführer und bat darum, seine Tochter «wieder zurückzubringen».
Stehen die Angehörigen unter Polizeischutz?
Wie «Bild» am Donnerstag berichtet, stehen sowohl Valeriias Mutter als auch ihre Grossmutter (60) derzeit unter Polizeischutz. Laut Bericht steht vor beiden Wohnungen immer mindestens ein Einsatzwagen. Die Polizisten beobachten haargenau, wer sich im Nahbereich der Wohnorte aufhält. Jeder Besucher werde offenbar notiert.
Dies solle laut der Polizei jedoch nicht als Misstrauen gegenüber den Hinterbliebenen gedeutet werden. Die Bewachung erfolge zum «Schutz der Familie – wir sind da, wenn Bedarf besteht.» Polizeisprecherin Jana Ulbricht sieht die Massnahme eher als «Angebot, da sich Mutter und Grossmutter in einer akuten Trauerphase befinden.»
Wie lange die 24-Stunden-Bewachung der Familie geplant ist, ist derzeit noch nicht klar.
Diese Fragen sind noch offen:
Was passierte, nachdem Valeriia ihr Haus verlassen hatte?
Derzeit gehen die Ermittler nicht davon aus, dass Valeriia nach dem Verlassen des Elternhauses in den Bus gestiegen war. Normalerweise fuhr sie immer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Schule. Dies soll am besagten Montag nicht der Fall gewesen sein. Was im Anschluss passierte, ist noch nicht bekannt. Die Polizei durchforstet derzeit alle Indizien und Hinweise im näheren sozialen Umfeld des Mädchens.
Wer ist/sind der/die Täter?
Im Fall Valeriia hat es bislang noch keine Festnahmen gegeben. Auch zu Verdächtigen wollte sich die Polizei am Mittwoch nicht weiter äussern.
Am Donnerstag berichtet «Bild», dass die zuständige Kriminalpolizei zwei Männer im Visier hat. Demnach sucht die Polizei zum einen nach dem Ex-Freund von Valeriias Mutter. Er soll sich in Tschechien aufhalten, konnte aber bislang nicht gefunden werden. Der moldawische Staatsbürger soll am Tag von Valeriias Verschwinden die Mutter kontaktiert haben. Die Mutter sagte der «Bild», dass es mit ihm zuletzt «Schwierigkeiten» gegeben habe. Zudem soll er am Tag des Verschwindens des Mädchens von einer Überwachungskamera eines Nachbarhauses in Döbeln gefilmt worden sein. Auch sei er im Funknetz eingeloggt gewesen.
Ein zweiter Mann wird ebenfalls gesucht. Der Ukrainer lebte laut «Bild» ebenfalls in Döbeln und soll an Valeriias Mutter interessiert gewesen sein. Doch als die ablehnte, habe er begonnen, die Familie zu stalken.