In dieser Ansprache erklärt Putin der Ukraine den Krieg
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Kurz darauf Explosionen:In dieser Rede erklärt Putin der Ukraine den Krieg

Historiker analysiert Kriegserklärung des russischen Präsidenten
«Putin droht der Welt mit einem Atomkrieg»

Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte am Donnerstagmorgen Krieg in der Ukraine an. Blick analysiert wichtige Ausschnitte seiner Rede, in der er unter anderem mit Konsequenzen drohte, wie es sie in der Geschichte noch nie gegeben habe.
Publiziert: 25.02.2022 um 00:43 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2022 um 10:07 Uhr
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Der russische Präsident kündigte im Fernsehen den Angriff auf die Ukraine an.
Foto: AFP
Karin A. Wenger

Am Donnerstagmorgen um sechs Uhr strahlte das russische Fernsehen die Rede von Wladimir Putin aus, in der er den Angriff auf die Ukraine ankündigte. Staatsmännisch sitzt er dabei an einem Schreibtisch und spricht in die Kamera. Blick analysiert zentrale Punkte der Rede zusammen mit Frithjof Benjamin Schenk (51), seit 2011 Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Basel.

Der Russland-Kenner

Frithjof Benjamin Schenk wurde 1970 in Stuttgart geboren. Er studierte zwischen 1991 und 1998 in Marburg, St. Petersburg und Berlin. Darauf folgten Forschungsaufenthalte in St. Petersburg und Moskau. Der 51-Jährige ist seit 2011 Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Basel.

Frithjof Benjamin Schenk wurde 1970 in Stuttgart geboren. Er studierte zwischen 1991 und 1998 in Marburg, St. Petersburg und Berlin. Darauf folgten Forschungsaufenthalte in St. Petersburg und Moskau. Der 51-Jährige ist seit 2011 Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Basel.

Es wird Konsequenzen geben, die sie noch nie erlebt haben
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Akt der Verteidigung

Putin: «Die Umstände verlangen von uns, dass wir entschlossen und sofort handeln. Die Volksrepubliken des Donbass haben Russland um Hilfe gebeten. In diesem Zusammenhang habe ich gemäss Artikel 51, Absatz 7 der Uno-Charta [...] beschlossen, eine besondere Militäroperation durchzuführen.

Putin beruft sich in seiner Kriegserklärung auf Artikel 51 der Uno-Charta, der allen Mitgliedern das «naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung» zuspricht. Frithjof Benjamin Schenk erklärt, Putin benutze den Hinweis auf die Uno-Charta in propagandistischer Absicht und um zu vertuschen, dass Russland einen Angriffskrieg auf die Ukraine startet. «Das war alles von langer Hand geplant. Es ist eine Illusion zu glauben, dass der Westen Putin hätte stoppen können mit Angeboten oder Zugeständnissen», sagt Schenk.

Zuerst anerkannte Russland die Separatistengebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten, schloss sofort Freundschaftsabkommen mit ihnen – und berufe sich nun darauf, den befreundeten Staaten zu Hilfe zu eilen, um sie zu beschützen.

Vorwurf des Genozids

Putin: «Das Ziel der russischen Spezialoperationen ist es, die Menschen zu schützen, die acht Jahre lang vom Kiewer Regime misshandelt und ermordet wurden. Zu diesem Zweck werden wir versuchen, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren und diejenigen vor Gericht zu bringen, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, einschliesslich russischer Bürger, begangen haben.»

Den Vorwurf, an der russischsprachigen Minderheit in der Ukraine werde ein Genozid verübt, wiederhole Putin schon lange, sagt Schenk. «Das ist eine reine Erfindung.» Russland wolle sich durch diese Rhetorik als Schutzmacht einer angeblich bedrohten Minderheit darstellen. Schenk sagt, die Regierung in Kiew versuche zwar, Ukrainisch als einzige Landessprache durchzusetzen, wodurch sich russischsprachige Einwohner ausgegrenzt fühlten. «Das kann man kritisieren, aber das ist kein Genozid.»

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Der Nazi-Vergleich

Putin: «Liebe Kameraden! Eure Väter, Grossväter und Urgrossväter haben nicht gegen die Nazis gekämpft, um unser gemeinsames Vaterland zu verteidigen, damit die heutigen Neonazis die Macht in der Ukraine übernehmen können.»

Seit 2014 bezeichne Putin die Regierung in Kiew als «faschistische Junta», erklärt Schenk. Dabei negiere er, dass seither zwei freie demokratische Parlamentswahlen stattfanden und sich das Volk mit Wolodimir Selenski für einen jüdischen Präsidenten entschied. Rechtsradikale Politiker seien im ukrainischen Parlament eine sehr kleine Minderheit. Auch die vereinzelten rechtsextremen Milizen, die im Donbass vor acht Jahren auf ukrainischer Seite gekämpft hätten, machten die Regierung in Kiew nicht zu Nazis. «Putin kreiert ein Feindbild, das die Realität komplett verzerrt.»

Die Ukraine und Atomwaffen

Putin: «Jetzt beanspruchen sie (die Ukraine; Anm. d. Red.) sogar den Besitz von Atomwaffen.»

«Das ist ein Märchen», sagt Schenk. Putin benutze dieses Argument, um der eigenen Bevölkerung das Gefühl zu geben, tatsächlich bedroht zu werden. Die wahre Gefahr sei für Putin eine andere: «Dass sich mit der Ukraine ein ostslawisches Land zu einer nach Westen orientierten Demokratie entwickelt, ist für Putin und die russische Elite ein Horrorszenario», sagt Schenk.

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Putin droht mit einem Atomkrieg

Putin: «Jetzt ein paar wichtige, sehr wichtige Worte für diejenigen, bei denen die Versuchung aufkommen könnte, sich von der Seite in das Geschehen einzumischen. Wer auch immer versucht, uns zu behindern, geschweige denn eine Bedrohung für unser Land und unser Volk zu schaffen, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben. Wir sind auf jede Entwicklung der Ereignisse vorbereitet. Alle notwendigen Entscheidungen wurden in dieser Hinsicht getroffen. Ich hoffe, dass ich gehört werde.»

«Diese Aussagen haben mich völlig schockiert», sagt Professor Schenk. «Man muss genau hinhören, aber eigentlich ist Putin hier ziemlich direkt: Er droht der Welt mit einem Atomkrieg.» Wenn Putin sage, er sei auf «jede» Entwicklung vorbereitet, dann meine er das genau so. Schenk traut Putin zu, dass er die Drohung ernst meine, Atomwaffen gegen Länder einzusetzen, die die Ukraine militärisch unterstützten. Der russische Präsident sehe sich selbst innerhalb der Geschichte des Landes auf einer historischen Mission, die er vollenden müsse. «Er ist bereit, dafür über Leichen zu gehen», sagt Schenk.

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