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Hisbollah so geschwächt und gedemütigt wie seit Jahren nicht
Was bedeutet der Tod von Hassan Nasrallah?

Nach schweren Explosionen in Beirut hat die israelische Armee das Hauptquartier der Hisbollah angegriffen und deren Anführer Hassan Nasrallah getötet. Sein Tod hinterlässt die schiitische Miliz kopflos und könnte den Nahen Osten destabilisieren. Die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 28.09.2024 um 16:23 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2024 um 17:48 Uhr
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Im Libanon gehen die Menschen nach dem Tod von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah auf die Strasse.
Foto: Anadolu via Getty Images

Auf einen Blick

  • Nasrallah galt als mächtigster Mann im Libanon
  • Für seine Unterstützer hatte er fast Gott-ähnlichen Status
  • Hisbollah ist so geschwächt und gedemütigt wie seit Jahren nicht
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Sechs Gebäude südlich von Beirut fallen nach schweren Explosionen zu Trümmerbergen zusammen, als Israels Armee nach eigener Darstellung das Hauptquartier der Schiitenmiliz Hisbollah angreift. Ihr Generalsekretär Hassan Nasrallah wird getötet. Nasrallahs Tod, den zunächst Israel und dann auch die Hisbollah bestätigt, gleicht einem Donnerschlag im Nahen Osten.

Was wird jetzt aus der Hisbollah?

Die schiitische Organisation ist durch den Tod ihres charismatischen Anführers, der als eigentlich mächtigster Mann im Libanon galt, gewissermassen kopflos. Ohne Chef und nach Tötung fast der gesamten oberen Führungsebene ist unklar, wer innerhalb der Hisbollah nun die Kommandos geben könnte, auch bei weiteren Angriffen auf Israel. Vermutlich wird sie Anweisungen des Irans abwarten. Der ist die eigentliche Schutzmacht und wichtigster Unterstützer der Hisbollah. Wie der Iran reagiert, wird sich erst noch zeigen. Fest steht hingegen, die Hisbollah ist nach massiven Angriffswellen Israels so geschwächt und gedemütigt wie seit Jahren nicht.

Wird die Miliz einen Nachfolger benennen?

Das dürfte nur eine Frage der Zeit sein. Die Hisbollah ernennt ihre Anführer zwar in meist geheimen und eher undurchsichtigen Verfahren. Schon jetzt ist aber ein Name für die Nachfolge im Umlauf: Haschim Safi al-Din, Chef des Hisbollah-Exekutivrats, gilt als aussichtsreichster Kandidat. Er ist ein Cousin Nasrallahs und Vater vom Schwiegersohn des mächtigen iranischen Generals Ghassem Soleimani, der 2020 im Irak durch einen US-Drohnenangriff getötet wurde. Safi al-Din soll schon seit den 1990er Jahren auf eine Führungsrolle innerhalb der Hisbollah vorbereitet worden sein. Laut arabischen Medienberichten war er zuletzt unter anderem für finanzielle Fragen und tägliche Abläufe innerhalb der Miliz zuständig.

Wie bedeutend ist der Tod Nasrallahs?

Nasrallah war eine der wichtigsten Figuren in der sogenannten «Achse des Widerstands», in der der Iran mit verbündeten Milizen in der Region gegen den erklärten Erzfeind Israel kämpft. Teilweise wurde er sogar als Nummer Zwei hinter Irans oberstem Führer Ali Chamenei betrachtet. Der Chefredakteur der libanesischen Zeitung «L'Orient Le Jour», Anthony Samrani, schrieb, die Tötung sei noch bedeutender als die von Top-General Soleimani 2020 und die von Osama bin Laden, Anführer des Terrornetzwerkes Al-Kaida und Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA.

«Er war unser Bin Laden mal 10. Mehr als 30 Jahre lang tötete er unsere Zivilisten, während er anderen Terrororganisationen zugleich half, besser darin zu werden, uns zu töten», schrieb Nadav Pollak, Dozent an der israelischen Reichman-Universität.

Für seine Unterstützer hatte Nasrallah fast Gott-ähnlichen Status.

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Welche Folgen hat sein Tod für den Konflikt mit Israel?

Das wird sich erst zeigen, es gibt unterschiedliche Szenarien. Die nun vorerst kopflose Organisation könnte beispielsweise trotz aller Rückschläge versuchen, besonders gewaltsam auf diesen Angriff zu antworten - auch um zu zeigen, dass sie überhaupt noch zu Attacken fähig ist. Das könnte etwa passieren in Form eines koordinierten Angriffs der Milizen im Irak und im Jemen oder erneut aus dem Iran selbst.

Sollte die Hisbollah sich nicht wie gefordert von der südlichen Grenze mit Israel zurückziehen, wäre auch eine begrenzte Bodenoffensive der israelischen Armee nicht ausgeschlossen, um den Druck auf die Miliz hochzuhalten. Solche Kämpfe könnten allerdings vorteilhaft für die Hisbollah verlaufen, die im Süden schon zuvor eine Art Guerilla-Krieg gegen Israel führte. Weil die Hisbollah und die Hamas im Gaza-Krieg deutlich geschwächt sind, könnte vor allem die Huthi-Miliz im Jemen an Bedeutung gewinnen als Teherans Verbündeter.

Was bedeutet der Tod für den Libanon?

In dem kleinen Land am Mittelmeer, das seit zwei Jahren ohne Präsident und faktisch ohne Regierung ist, entsteht durch Nasrallahs Tod ein Machtvakuum. Es gibt vorerst keine Anzeichen aus dem Iran, dass dieser als wichtigster Unterstützer der Hisbollah die Lücke schliessen will. Möglich scheint deshalb auch ein neuer Machtkampf anderer Gruppierungen in dem konfessionell stark gespaltenen Land. Gegner der Hisbollah dürften jetzt eine einmalige Chance sehen, die Strukturen der Hisbollah innerhalb des Staats dauerhaft zu zerlegen und eine stärkere Kontrolle der Regierung wiederherzustellen. Es könnte aber auch zu einem grösseren Zusammenbruch der Sicherheit im Land kommen, zu neuen konfessionellen Konflikten und insgesamt chaotischen Zuständen. Das Land erlebte von 1975 bis 1990 bereits einen blutigen Bürgerkrieg.

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