Auf einen Blick
- Israel griff Beirut an, um Nasrallah zu töten
- Nasrallah führt Hisbollah seit 1992
- Nasrallah ist 64 Jahre alt und seit Jahrzehnten Anführer
Explosionen, Rauch und Panik: Israel hat am Freitag Beirut angegriffen. Die Attacke ereignete sich Augenzeugen zufolge in dem dicht besiedelten Beiruter Vorort Haret Hreik, nahe dem internationalen Flughafen.
Laut Israel ein gezielter Angriff, um Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah (64) zu töten. Am Samstag vermeldet das israelische Militär, dass Nasrallah nicht mehr in der Lage sei «die Welt zu terrorisieren». Wenig später bestätigte auch die Hisbollah seinen Tod.
Mutmassliches Hauptquartier angegriffen
Israels Militär griff nach eigener Darstellung das Hauptquartier der Hisbollah an, das sich demnach unter Wohngebäuden befunden haben soll. Nach dem Angriff im Vorort Haret Hreik nahe dem Flughafens waren dichte Rauchwolken zu sehen und anschliessend grosse Trümmerberge. Staatlichen Medien wurden mehrere Gebäude komplett zerstört. Deshalb könnte es Dutzende oder sogar Hunderte Tote geben. Dem Gesundheitsministerium zufolge wurden mindestens sechs Menschen getötet und 91 verletzt.
Hassan Nasrallah war der Mann, der die Hisbollah stark gemacht hat. Wie es nach seinem Tod weitergeht, ist unklar. Der Konflikt mit Israel ist so schlimm wie nie. Von Seiten der Hisbollah wurde sein Tod noch nicht bestätigt.
Er erlebte den Bürgerkrieg
Wenn er Reden hielt, dann nur noch über den Bildschirm. Er musste sich verstecken und zog im Hintergrund die Terror-Fäden. Aber wer war der Mann, der seit Jahrzehnten der Kopf der Hisbollah war?
Als Teenager erlebte Nasrallah den Bürgerkrieg im Libanon hautnah mit, wurde für kurze Zeit Teil einer Miliz, entschied sich dann aber für den geistlichen Weg und studierte den Islam.
Unter dem Einfluss seines Mentors, des prominenten Geistlichen und Mitbegründers der Hisbollah Abbas al-Musawi (1952–1992), den er im Irak kennengelernt hatte, schloss er sich 1982 nach der israelischen Invasion im Libanon der Hisbollah an. Als Israel 1992 Musawi ermordete, ersetzte er ihn als Generalsekretär der Hisbollah und wurde zum schwierigsten Gegenspieler Israels. Damals war Nasrallah gerade mal 32 Jahre alt. Er hat die Miliz in eine deutlich mächtigere und gefährlichere Organisation verwandelt als sie in der Zeit seines Vorgängers war. Als grossen Triumph der Hisbollah empfand er den Abzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon im Jahr 2000 und den ihrer Beschreibung nach «göttlichen Sieg nach Ende des Kriegs 2006.
Einziger Weg führt über die Waffen
In einem Interview in der «Washington Post» im Jahr 2006 beschrieb Nasrallah, wie seine Überzeugungen geprägt wurden, als er und seine Mitstreiter beobachteten, «was in Palästina, im Westjordanland, im Gazastreifen, auf den Golanhöhen und auf der Sinai-Halbinsel geschah». Dabei wurde ihnen klar, dass «wir uns weder auf die Staaten der Arabischen Liga noch auf die Vereinten Nationen verlassen können. Der einzige Weg, der uns bleibt, ist, zu den Waffen zu greifen und die Besatzungstruppen zu bekämpfen.»
Nasrallah wird auch als «al-Sayyid Hassan» bezeichnet, wobei der Ehrentitel «Sayyid» die Abstammung vom islamischen Propheten Mohammed – der wichtigste Prophet im Islam – durch dessen Enkel Husain ibn Ali ausdrücken soll. Seine Anhänger verehrten den Hisbollah-Führer nahezu kultisch. Der 64-Jährige war mit Fatima Yasin verheiratet, aus ihrer Ehe gehen fünf Kinder hervor. Sein ältester Sohn Mohammed Hadi (†18) wurde im September 1997 bei einem Feuergefecht mit den israelischen Streitkräften in Südlibanon getötet.
Was passiert jetzt?
Mehrere Szenarien wären jetzt möglich: Die Hisbollah könnte den Kampf vorerst aufgeben, den Beschuss Israels beenden, einer Waffenruhe zustimmen und sich – wie es eine UN-Resolution vorsieht – rund 30 Kilometer von der Grenze entfernt zurückziehen. Israel hätte ein Kriegsziel erreicht, wenn mehr als 60'000 Menschen in ihrer Häuser und Wohnungen im Norden des Landes zurückkehren können.
Oder die Hisbollah weitet die Angriffe gegen Israel aus und greift mit modernsten Raketen israelische Städte und militärische Ziele an. Fraglich ist auch, inwieweit der Iran der Hisbollah zu Hilfe eilt. Auch im Libanon ist unklar, in welcher Form die militärisch, politisch und sozial sehr mächtige Organisation fortbestehen wird.