Nach der Zerstörung des Kachowka-Damms nahe der Stadt Cherson fliessen Millionen Liter Wasser unkontrolliert ab. Aufnahmen in den sozialen Medien zeigen, wie Wassermengen aus dem See herausströmen.
Immerhin: Stand Dienstagmittag fliesst das Wasser langsam ab, eine riesige Monster-Flutwelle blieb aus.
Den «Worst Case» simuliert haben schwedische Experten von Dämmningsverket AB. Die Simulation berücksichtigt allerdings nicht die aktuellen Messungen, sondern wurde anhand einer Schätzung gemacht. Geschätzt wurden dabei unter anderem die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit. Pro Stunde würde sich der Dammbruch demnach um 200 Meter ausweiten.
Biber spazieren durch Städte
Das Wasser hat die Stadt Cherson bereits erreicht. Laut Behördenangaben stehen Häuser und Plätze unter Wasser. Im Stadtteil Korabel wurden Häuser und Garagen überflutet. 300 Häuser in den Ortschaften Korsunka und Dnipro unterhalb von Nowaja Kachowka könnten in die Überschwemmungszone fallen, sagte Wladimir Leontjew, der Bürgermeister von Nowa Kachowka. Dort stieg der Wasserstand auf zehn Meter an.
Auch das Fussballstadion des örtlichen Vereins und der Kulturpalast wurden komplett überflutet. Die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti veröffentlichte Aufnahmen von Schwänen, die nahe dem Verwaltungssitz von Nowa Kachowka im Wasser schwammen.
«Falls erforderlich, sind wir bereit, die Bewohner der Küstendörfer zu evakuieren. Busse stehen bereit», sagte Andrej Aleksenko, russischer Vertreter von Cherson. Und: «Die Situation ist unter Kontrolle, das Leben der Menschen ist nicht bedroht. Die Behörden kontrollieren den Wasserstand des Flusses.»
Auch in der Stadt Nowa Kachowka, wo das zerstörte Wasserkraftwerk liegt, stieg der Wasserpegel. Häuser am Ufer standen unter Wasser. Auf Social Media verbreiteten sich Videos von Bibern, die durch die Stadt spazierten.
Haus schwimmt davon
Die Grossstadt Krywyj Rih schränkte nach dem Dammbruch den Wasserverbrauch ein. Dort leben mehr als 600'000 Menschen. «Das Wasser wird zeitweise nur noch für die Zirkulation verwendet und erreicht maximal die ersten beiden Stockwerke der Häuser», sagte Oleksandr Vilkul, Leiter der Militärverwaltung von Krywyj Rih, laut Telegramkanal «Strana».
Die Einschränkungen sollen aber nur nachts gelten. «Tagsüber wird es Wasser geben. Die Situation ist nicht einfach, aber sie ist unter Kontrolle», fuhr er fort. 70 Prozent des Wassers, das in Krywyj Rih benutzt wird, stammt aus dem Kachowka-Stausee. Durch die Zerstörung des Damms steht die Stadt vor grossen Versorgungsproblemen.
Mehr zur Damm-Zerstörung
Vor den Läden bildeten sich lange Schlangen, als Bewohner versuchten, an Wasserflaschen zu gelangen. Videoaufnahmen auf Telegram zeigten zudem, wie die Flut in der Nähe des Flusses Dnjepr bis an die Hausdächer anstieg – und noch höher. Ganze Häuser wurden von den Fluten mitgerissen.