Die Polizeisirenen am frühen Morgen lassen Anwohner und Augenzeugen in Nottingham zusammenzucken. «Ich habe gehört, wie ein Polizeiauto vorbeirast», erzählte Glen Gretton der Nachrichtenagentur PA.
«Es fuhr sehr schnell, danach kam noch eins, dann noch eins. Es kamen immer mehr, da wusste ich, dass etwas Grosses in der Stadt geschieht.» Bald darauf ist klar: In der englischen Stadt sind drei Menschen getötet und drei weitere verletzt worden. Britischen Medien zufolge soll es sich bei zwei der drei Todesopfer um zwei Studenten, einen Mann und eine Frau (†19), handeln. Sie seien vermutlich gerade auf dem nach Hauseweg gewesen, als es zum tödlichen Angriff kam.
Ein weiterer mit Messerstichen getöteter Mann, der an einem anderen Ort in der Innenstadt gefunden wurde, soll nach Polizeiangaben zwischen 50 und 60 Jahre alt gewesen sein. Ein 31-jähriger Mann sei bereits am Dienstagvormittag wegen Mordverdachts festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Zuvor war von einem «schwerwiegenden Vorfall» die Rede gewesen. Weitere Verdächtige würden derzeit nicht gesucht.
Verdächtiger getasert
Britische Medien berichteten zudem, dass drei Personen in ein Spital eingeliefert wurden, nachdem ein Van versucht hatte, sie zu überfahren. Ein Augenzeuge gab an, er habe gesehen, wie der Verdächtige von der Polizei unter Einsatz von Elektroschockern gestellt wurde.
Der mutmassliche Täter habe ersten Kenntnissen zufolge den Lieferwagen des zwischen 50 und 60 Jahre alten Opfers gestohlen und dazu verwendet, drei weitere Menschen zu verletzen. Eine Person befinde sich in einem kritischen Zustand, so die Sprecherin weiter. Die beiden anderen seien leicht verletzt.
«Wir wachten heute Morgen um 5.30 Uhr auf und hörten Schüsse – wir liefen zum Fenster und sahen bewaffnete Polizisten, die aus einem Auto stiegen. Der Verdächtige wurde getasert», erzählte ein Augenzeuge «GB News». Das Strassenbahnnetz der Nottingham Express Transit (NET) teilte mit, dass es aufgrund «schwerer Polizeivorfälle in der Stadt und in den Vororten» sämtliche Dienste eingestellt habe. Buslinien wurden umgeleitet.
Die Tatorte erstrecken sich über die ganze Stadt. In der Ilkeston Road im Westen werden am frühen Morgen um kurz nach 4.00 Uhr (5.00 Uhr MESZ) zwei Tote gefunden. Er sei davon aufgewacht, dass eine Polizistin gegen seine Tür geklopft habe und nach Aufnahmen von Überwachungskameras gefragt habe, erzählte ein Anwohner. Er habe aber nichts mitbekommen.
Ein anderer Augenzeuge sagte der BBC, er habe Schreie gehört und daraufhin aus dem Fenster geblickt – und gesehen, wie ein schwarz gekleideter Täter mehrfach auf einen jungen Mann und dann auf eine junge Frau eingestochen habe.
Neuer Polizeieinsatz nahe Tatort
Wie die britische Nachrichtenagentur PA am Dienstagmittag mitteilt, ist es in der Ilkeston Road zu einem neuen Polizeieinsatz gekommen. Demnach seien bewaffnete Polizisten, einige vermummt, in einer Gewerbeimmobilie aufgetaucht. Daraufhin seien zwei junge Frauen in ein Polizeiauto gesetzt und davongefahren worden. Auch mehrere Zivilfahrzeuge der Polizei fuhren weg. Die Behörden äusserten sich zunächst nicht zu dem neuen Einsatz.
In derselben Strasse waren am frühen Morgen wenige Hundert Meter weiter zwei Tote gefunden worden. Nach Aussagen von Augenzeugen handelt es sich um einen jungen Mann und eine junge Frau, die vermutlich erstochen wurden.
Polizei ermittelt wegen Mordes
«Dies ist ein schrecklicher und tragischer Vorfall, bei dem drei Menschen ums Leben gekommen sind», sagte Chief Constable Kate Meynell. Die Polizei vermute, dass alle Taten miteinander zusammenhängen. «Die Ermittlungen befinden sich noch in einem frühen Stadium, und ein Team von Ermittlern arbeitet daran, genau herauszufinden, was passiert ist», sagte Meynell. «Wir bitten die Öffentlichkeit um Geduld, während die Untersuchungen andauern.» Die Sperrungen würden noch einige Zeit andauern.
«Ich möchte der Polizei und den Rettungskräften für ihren andauernden Einsatz auf den schockierenden Vorfall in Nottingham heute Morgen danken», schrieb der britische Premierminister Rishi Sunak (43) am Dienstag auf Twitter.
Innenministerin Suella Braverman zeigte sich «schockiert und traurig». «Unsere Stadt ist wegen des Tods von drei Menschen heute Morgen am Boden zerstört», teilen die drei Parlamentsabgeordneten der Oppositionspartei Labour für die mittelenglische Stadt in einer gemeinsamen Erklärung mit.
Zu den Hintergründen gab es zunächst keine Angaben. Nach Informationen des Senders Sky News ermittelt die Polizei derzeit wegen Mordes und nicht wegen einer Terrortat. Die Behörden riefen Zeugen auf, sich zu melden und Aufnahmen von Überwachungskameras sowie «Dashcams» zur Verfügung zu stellen. Vielerorts waren Ermittler in Ganzkörperanzügen zu sehen. (SDA)