Zum Auftakt des Prozesses um die Ermordung von Ayleen (†14) aus dem deutschen Bundesland Baden-Württemberg hat der Beschuldigte die Tötung der Schülerin gestanden. Der aus Hessen stammende 30-Jährige gab am Dienstag vor dem Landgericht im hessischen Giessen in einer von der Verteidigung verlesenen Einlassung an, Ayleen im Zuge eines Streits getötet zu haben. Von sexuellen Tatmotiven, von denen die Anklage ausgeht, war in der Erklärung des Beschuldigten allerdings nicht die Rede.
Die Staatsanwaltschaft wirft Jan Heiko P. vor, Ayleen vor fast einem Jahr aus sexuellen Motiven ermordet zu haben. Beide lernten sich laut der zuvor verlesenen Anklage im April 2022 über eine Messengerapp kennen und schrieben sich tausende Nachrichten. P. habe dabei immer wieder Nacktbilder von ihr gefordert. Dem sei sie schliesslich nachgekommen. Von ihm vorgeschlagene Treffen habe sie abgelehnt.
Am 21. Juli 2022 soll der Mann die Schülerin an ihrem Wohnort in Baden-Württemberg aufgesucht und mit dem Auto rund 300 Kilometer nach Hessen gefahren haben, wo die Tat geschah. An einem Feldweg in Langgöns habe er sie in der Nacht auf den 22. Juli auf eine Bank gedrückt und versucht, sie zu vergewaltigen.
Dabei habe er sie erwürgt. Anschliessend habe er die Leiche der 14-Jährigen in den Kofferraum seines Autos geladen und sei zum Teufelsee im hessischen Wetteraukreis gefahren. Ayleens Leiche wurde dort etwa eine Woche später gefunden.
Mehr als 30'000 Chats ausgewertet
Neben Mord wirft die Anklage dem 30-Jährigen versuchte Vergewaltigung mit Todesfolge sowie Entziehung Minderjähriger vor. Dazu kommen Delikte wie das Sichverschaffen kinderpornografischer Inhalte. Letzteres bezieht sich auf einen weiteren Fall, der sich im Juni 2022 zugetragen haben soll. P. soll ebenfalls in einem Chat von einer 13-Jährigen Nacktbilder gefordert haben. Mindestens 13 Fotos habe sie ihm daraufhin geschickt. Zuvor habe er ihr bereits einen Fragenkatalog geschickt mit Fragen zu Alter und Körperbau. Die von der 13-Jährigen geschickten Bilder seien auf seinem Handy gefunden worden.
Der Angeklagte wurde noch am Tag der Entdeckung von Ayleens Leiche von Spezialkräften in Friedrichsdorf bei Frankfurt am Main festgenommen. Bei den folgenden Ermittlungen wurden unter anderem Handydaten sowie mehr als 30'000 Chats ausgewertet. Bereits im Zuge der Ermittlungen gestand der Mann die Tat.
Für den Prozess wurden Verhandlungstage bis Mitte September angesetzt. Ayleens Mutter, die als Nebenklägerin im Prozess auftritt, ist für den kommenden Montag als Zeugin geladen. Zum Prozessauftakt erschien sie nicht.
Gerichte-Wirrwarr
Der Fall sorgte auch für Aufsehen, weil dem Landgericht Limburg vorgeworfen wurde, die gegen den 30-Jährigen verhängte Führungsaufsicht im Januar 2022 beendet zu haben. Das wies das Gericht zurück.
Mehrere Gerichte hatten sich zuvor mit P. beschäftigt. Das Amtsgericht Wetzlar entschied 2007, den damaligen Jugendlichen wegen eines versuchten Sexualdelikts in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen.
2017 beendete das zuständige Amtsgericht Frankenberg die Unterbringung, weil die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorgelegen hätten. Es legte zudem eine dreijährige Führungsaufsicht fest, die von einem anderen Gericht später auf unbefristete Zeit verlängert wurde.
Nach einer Beschwerde des heute 30-Jährigen wurde die Führungsaufsicht auf fünf Jahre verlängert, weil die Voraussetzungen für eine unbefristete Führungsaufsicht nicht gegeben gewesen seien. Eine Entfristung gab es nicht, sodass die Führungsaufsicht zum 25. Januar 2022 auslief. (AFP)