Eine «neutrale» Ukraine ist nicht im Sinne Putins
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Experte für Militärstrategie:Eine «neutrale» Ukraine ist nicht im Sinne Putins

Geplanter Blitzkrieg wird zäh
Hat sich Putin verrechnet?

Nahe Tschernobyl treffen sich ukrainische und russische Delegationen zu Verhandlungen. Doch bringen sie wirklich eine Waffenruhe oder gar den Frieden? Putins Drohung um einen Atomwaffeneinsatz dämpfen jede Hoffnung.
Publiziert: 28.02.2022 um 01:24 Uhr
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Wladimir Putin scheint immer mehr in die Enge gedrängt. Das kann auch gefährlich sein. Der Kreml-Chef geht im Ukraine-Krieg in die nächste Eskalationsstufe und will zu noch stärkeren Waffen greifen.
Foto: imago images/Russian Look
Myrte Müller

Während seine Raketen auf die Ukraine hageln, bombardieren Hiobsbotschaften aus dem Kriegsgebiet und aus aller Welt den russischen Präsidenten. Wladimir Putin (69) rechnete mit einem Blitzkrieg. Innerhalb von 24 Stunden wollte er die Ukraine einnehmen, ihren Präsidenten stürzen und eine Marionettenregierung einsetzen. Doch es kam ganz anders. Statt Triumph droht das Fiasko. Jetzt lädt der Kreml die ukrainische Regierung zu Friedensverhandlungen im ukrainischen Grenzgebiet zu Belarus. Ein echtes Angebot oder nur eine weitere Farce?

Vier Tage nach Beginn der Invasion krebst die russische Armee nur mit Mühe voran. Kiew und andere grosse ukrainische Städte leisten unerwartet zähen Widerstand, obwohl ihre Armee so viel kleiner ist als jene der benachbarten Grossmacht. Bilder von ausgebrannten Panzern, russischen Leichen und gefangenen Soldaten demütigen den Kreml-Herrscher.

Wladimir Putin schäumt vor Wut

Wladimir Putin verfolge die enttäuschende Ukraine-Invasion in seinem schwer bewachten Bergversteck im Ural – und er schäume vor Wut. Das twittert der ehemalige Oberste Befehlshaber der estnischen Streitkräfte, Riho Terras (54). Bei Putin sei sein innerer Machtzirkel, darunter auch Oligarchen, «damit sie nicht fliehen», so berichtet der EU-Abgeordnete weiter.

Ebenso dürfte den Kreml-Chef die Geschlossenheit und Wucht, mit dem der Westen auf den Angriffskrieg reagiert, überrascht haben. Die USA, die EU, Grossbritannien, Japan, Kanada, Australien verhängen Sanktionen gegen russische Grossbanken, Regierungsmitglieder, Oligarchen und sogar gegen Wladimir Putin persönlich. Der Import von Hochtechnologie wurde eingestellt. Russische Frachter dürfen nicht mehr EU-Häfen anlaufen. Der Luftraum in der EU ist für russische Flugzeuge gesperrt. Weltweit gehen Hunderttausende auf die Strassen, protestieren gegen Putins Kriegsverbrechen.

Selbst Deutschland liefert nun Panzerabwehrraketen

Nato-Mitgliedsstaaten liefern Waffen an die Ukraine. Es geht um Flugabwehrraketen, Gewehre und Munition. Selbst Deutschland stellt der Ukraine tausend Panzerabwehr-Granatwerfer und Stinger-Raketen zur Verfügung. Wollte Wladimir Putin mit dem Ukraine-Krieg noch die Nato-Osterweiterung zurückdrängen und die EU militärisch schwächen, so erreicht er mit seiner Aggressivität genau das Gegenteil. Die neutralen Staaten Schweden und Finnland interessieren sich nun für einen Nato-Beitritt. Und Deutschland will mit einer Finanzspritze von 100 Milliarden Euro massiv militärisch aufrüsten. Polen forderte, das EU-Budget für Militärausgaben zu verdoppeln.

Derweil ruft Wladimir Putin noch schwere Drohungen in den Gegenwind. Er habe seine Atomstreitkräfte in «besondere» Alarmbereitschaft versetzt, liess er gestern verkünden. Gleichzeitig vereinbarten er und sein Kontrahent, der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44), Friedensverhandlungen an der ukrainisch-belarussischen Grenze. Das Treffen, so meldet Selenski auf Telegram, werde am Fluss Prypjat stattfinden – in der Nähe des Unglücks-AKWs Tschernobyl.

«Wir stehen nicht unmittelbar vor einem Atomkrieg»

Wenig optimistisch stuft Mauro Mantovani den Ausgang der Verhandlungen ein. «Die Positionen zur Zukunft der Ukraine liegen doch sehr weit auseinander. Putin fordert die vollständige Kontrolle über das Land. Während die Ukraine sich dem Westen zuwenden will», sagt der Experte für Militärstrategie zu Blick. Trotz Putins Drohungen glaubt Mantovani nicht, dass die Welt unmittelbar vor einem Atomkrieg stehe. «Die Drohung ist aber ein klarer Eskalationsschritt. Sie ist auch eine Warnung an jene Nato-Staaten, die die Ukraine unterstützen wollen.» Putin sei frustriert über den Verlauf des Vormarsches, der ins Stocken gerät, wolle aber auch den Druck für die Friedensverhandlungen erhöhen.


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