Donald Trump (74) bestreitet weiter seine Niederlage bei der US-Präsidentenwahl und greift zu weiteren Klagen, um das Ergebnis der Abstimmung zu kippen. Im wichtigen Bundesstaat Pennsylvania greifen seine Anwälte die Stimmauszählung und das System der Briefwahl an.
Trump bekräftigte in einer Serie von Tweets am Montag auch seine Betrugsvorwürfe zu der Wahl in Georgia, Nevada und Wisconsin. Es wurden nach wie vor keine Fälle von Wahlbetrug zugunsten des gewählten Präsidenten Joe Biden (77) bestätigt.
«Nevada stellt sich als Jauchegrube falscher Stimmen heraus», schrieb Trump auf Twitter und versprach «absolut schockierende» Enthüllungen dazu. Twitter versah den Tweet des Präsidenten umgehend mit einem Warnhinweis, weil es sich um eine umstrittene Behauptung zur Wahl handele.
Georgias Wahlchef bestätigt Unregelmässigkeiten
Trump schrieb ausserdem, dass er den Bundesstaat Georgia, in dem Biden vorne liegt, gewinnen werde – «so wie in der Wahlnacht». Biden hatte die Führung übernommen, nachdem die Briefwahlstimmen ausgezählt wurden. Angesichts der Corona-Pandemie hatten vor allem Wähler der Demokraten per Briefwahl abgestimmt. Der stellvertretende Gouverneur des Bundesstaates, der Republikaner Geoff Duncan (45), sagte am Montag im Fernsehsender CNN, ihm seien bisher keine nennenswerten Fälle von Wahlfälschung bekanntgeworden. Angesichts des knappen Ergebnisses ist ein Neuauszählung in Georgia sehr wahrscheinlich.
Es habe in Georgia sicherlich Fälle illegaler Stimmabgabe gegeben, schrieb der für die Wahlen zuständige Staatssekretär Brad Raffensperger (65) auf Twitter. «Gab es illegale Stimmabgaben?», fragt Raffensperger. «Ich bin sicher, es gab.» Aber es sei unwahrscheinlich, dass sie ein Ausmass gehabt hätten, das ausgereicht hätte, damit Trump den Bundesstaat gewinnen könnte.
Forderungen nach seinem Rücktritt lehnt Raffensperger ab: «Als Staatssekretär werde ich weiterhin jeden Tag dafür kämpfen, dass in Georgia faire Wahlen stattfinden, dass jede legale Stimme zählt und dass illegale Stimmen nicht zählen», schreibt er in einer Erklärung.
US-Justizminister erlaubt Staatsanwälten Ermittlungen zu Wahlbetrug
Inzwischen hat US-Justizminister Bill Barr (70) Medienberichten zufolge Staatsanwälten die Erlaubnis erteilt, Vorwürfe über Wahlbetrug noch vor der Bekanntgabe der Endergebnisse zu untersuchen. Solche Verfahren dürften aufgenommen werden, wenn es «klare und offenbar glaubwürdige Vorwürfe über Unregelmässigkeiten» gebe, die den Wahlausgang in einem Bundesstaat beeinflusst haben könnten, hiess es in dem Schreiben des Ministers an Staatsanwälte. Das berichteten am Montagabend (Ortszeit) unter anderem die «Washington Post» und das «Wall Street Journal».
Normalerweise dürfen Staatsanwälte erst tätig werden, sobald Endergebnisse vorliegen. Das könnte nach der Wahl vom 3. November, je nach örtlicher Rechtslage, noch Tage oder Wochen dauern. Die Bundesstaaten müssen ihre beglaubigten Endergebnisse bis spätestens 8. Dezember nach Washington gemeldet haben.
Republikaner gespalten
In den Klagen von Trump-Anwälten in Pennsylvania geht es zum einen um die Behauptung des Präsidenten, dass den Republikanern die Möglichkeit verweigert worden sei, einen grossen Teil der Stimmauszählung zu beobachten. Ausserdem argumentieren die Republikaner, dass bei der Briefwahl einige Bezirke mit einem hohen Anteil von Demokraten die Regeln gebrochen hätten und das System insgesamt anfällig für Betrug sei. Pennsylvania mit 20 Stimmen von Wahlleuten für die Präsidentenwahl war ein entscheidender Bundesstaat, der Biden zum Sieg verhalf.
Die Chefin der Republikanischen Partei, Ronna McDaniel (47), räumte ein, dass sie nicht wisse, ob die rechtlichen Schritte ausreichen würden, um das Ergebnis zugunsten Trumps zu drehen. Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany (32) unterstellte den Demokraten in einer Pressekonferenz, dass diese Betrug gutheissen würden. Der TV-Sender Fox News, der in den vergangenen Jahren auf der Seite des Präsidenten stand, schaltete daraufhin ab, weil die Vorwürfe nicht belegt seien.
Der einflussreiche Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell (78), sprach am Montag nur von «vorläufigen Ergebnissen» der Wahl. «Präsident Trump hat hundertprozentig das Recht, Vorwürfe über Unregelmässigkeiten zu untersuchen und seine rechtlichen Optionen zu prüfen», sagte er im Senat.
Bisher gratulierten Biden nur vier republikanische Senatoren
Bisher gratulierten auf Seiten der Republikaner nur vier Senatoren Biden zum Wahlsieg: Mitt Romney (73), Lisa Murkowski (63), Susan Collins (67) und Ben Sasse (48). Sie waren schon vorher als Abweichler vom Kern der Republikanischen Partei bekannt – und könnten für Biden als Präsident eine wichtige Rolle spielen, wenn die Republikaner die Kontrolle über den Senat behalten sollten.
Entscheidend dafür dürften Stichwahlen für die beiden Senatssitze in Georgia Anfang Januar werden. Die republikanischen Amtsinhaber David Perdue (70) und Kelly Loeffler (49) forderten den Staatssekretär des Bundesstaates nach dem Wahlergebnis zum Rücktritt auf, weil die Abstimmung schlecht organisiert gewesen sei. Dieser wies die Vorwürfe zurück.
Der amtierende Präsident spricht nach der Wahl vom Dienstag von Wahlbetrug und hofft, Bidens Sieg noch auf dem Rechtsweg zu kippen. Biden war am Samstag aufgrund der Prognosen der US-Medien zum Sieger erklärt worden. Staats- und Regierungschefs aus aller Welt gratulierten Biden inzwischen zum Sieg. (SDA/kes)