Die Message ist deutlich. Wer dem neuen US-Präsidenten Joe Biden (77) und seiner Vize Kamala Harris (56) ungern die Hand reichen will, zeigt sich auch drei Tage nach dem Wahlausgang. So gibt es weder Glückwünsche seitens der Supermächte China und Russland noch von Brasilien und Mexiko. Noch peinlicher: Der slowenische Staatspräsident Janez Jansa (62) gratulierte noch in der Wahlnacht Wahlverlierer Donald Trump zur neuen Präsidentschaft.
China und Russland warten noch die Gerichte ab
China reagiert kühl. Man habe zur Kenntnis genommen, dass Joe Biden sich zum Wahlsieger erklärte, sagte Wang Wenbin während einer Pressekonferenz in Peking. Für das Aussenministerium sei dies aber nicht ausschlaggebend, da das Ergebnis durch Gesetze und Verfahren in den USA bestimmt werde, so der Sprecher weiter. Die Zurückhaltung von Präsident Xi Jinping (67) entspreche internationalen Gepflogenheiten.
Abwartend zeigt sich auch Wladimir Putin (68). Russlands Präsident interessierte der US-Wahlkampf weniger als vor vier Jahren, auch wurden dieses Jahr keine Cyber-Angriffe gegen demokratische Präsidentschaftskandidaten bekannt. Experten glauben, Putin habe sich von Donald Trump mehr versprochen – beispielsweise eine Lockerung der Sanktionen. Dennoch: Trump würde von Putin noch immer als das kleinere Übel betrachtet.
Erdogan gratuliert Biden trotz Türkei-Kritik
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro (65) schliesslich hatte sich schon ein T-Shirt mit der Aufschrift «Trump 2020» gekauft. Das kann er nun nicht mehr tragen. Denn das Rennen machte nun ein Klima-Freund und Bolsonaro-Gegner: Joe Biden. Mit einem Machtwechsel im Weissen Haus verliere Bolsonaro eine Hauptsäule seiner Aussenpolitik, sagt Rubens Ricupero, ehemaliger Botschaft Brasiliens in den USA gegenüber «El País». Selbstredend, dass Bolsonaro Bidens Wahlsieg bislang ignoriert hat.
Auch der mexikanische Andrés Manuel López Obrador (66) weigert sich, Biden und Harris zu gratulieren. Erst müssten alle Stimmen ausgezählt und die Richter über ihre Rechtmässigkeit entschieden haben, so der Populist. Und, vielleicht hofft der eine oder andere, dass Trump mit seinen Wahlbetrugsvorwürfen doch recht bekommt und im Amt bleibt.
Kein Grund zum Jubeln sieht auch Recep Tayyip Erdogan (66). Noch im Dezember hatte Joe Biden in einem Interview den türkischen Staatspräsidenten als Autokraten bezeichnet. Als Vizepräsident von Barack Obama (59) kritisierte Biden die Unterdrückung der Kurden und erklärte, die Opposition stärken zu wollen. Allerdings: Auch Donald Trump hatte zu Erdogan ein ambivalentes Verhältnis. Inzwischen hat Erdogan Biden aber zum Wahlsieg gratuliert, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.