Es ist Freitagnacht, und auf Höhe des Mega-Parks sitzen Dutzende, meist stark angetrunkene Feriengäste auf der Strandmauer. Alle fünf Minuten kommt ein rumänischer Verkäufer («Hallo, Bier, Bier») vorbei, der ihnen Alkohol in Eimern anbietet. Auf die Frage «Business is good?» zeigt ein Verkäufer im neongelben Hemd und mit Bierkapitän-Armbinde an der Wade seinen leeren Eimer. Dass nur 20 Meter weiter gleich drei Vans der Policia vorbeifahren – kein Problem. Andy (21) aus Bern, der mit zwei Freunden in der Hafengegend von El Areal im Hotel lebt, sagt: «Ich habe hier noch keine Kontrollen durch die Polizei erlebt. Alle trinken offen, keiner scheint Angst davor zu haben, erwischt zu werden.»
Doch nicht alle sehen die Sache so nonchalant. Saskia (19), die wie ihre Freundin Antje (18) ein rotes T-Shirt des «Bierkönigs» trägt, ignoriert die Verkäufer: «Ich riskiere das nicht. Ich habe gelesen, die Strafen sind bis zu 10'000 Euro – das sprengt meine Urlaubskasse.»
Alles «genauso schlimm wie immer»
Hat die Abschreckungswirkung durch die europaweiten Schlagzeilen womöglich schon ausgereicht, dass sich das öffentliche Saufgelage rund um den Ballermann verbessert hat? Sammy arbeitet als Sicherheitsmann am Mega-Park und versucht, mithilfe von Kollegin Alina, eine johlende, achtköpfige Gruppe dazu zu bringen, sich am richtigen Eingang anzustellen.
Auf die Frage «Gibt es weniger Volltrunkene in der Öffentlichkeit durch das neue Alkoholverbot?» verzieht sich sein bis dahin ernstes Gesicht zu einem breiten Grinsen. Sein Fazit: «Alles ist genauso schlimm wie immer». Davon zeugen auch ein halbes Dutzend Alkoholleichen, die im Sand ihren Rausch ausschlafen.
Polizisten haben andere Probleme
Annalena, die seit drei Jahren im Restaurant «La Marina» in El Arenal jobbt, konnte nur in den ersten Tagen nach dem Inkrafttreten des Verbots eine merkliche Angst vor Strafen feststellen: «Ich wurde öfter von Urlaubern wegen des Alkoholverbots angesprochen. Und besonders tagsüber hatten einige Schiss, öffentliches Trinken zu riskieren.» Doch inzwischen scheint – so die 22-Jährige – jeder zu wissen, dass die Polizei nichts macht, und «es geht ab wie die letzten Jahre auch».
Laut des Journalisten und Insel-Insiders Ingo Wohlfeil wartet die Polizei erst einmal ab und lässt business as usual am Ballermann zu, «weil sie bislang keine direkten Anordnungen zum Durchgreifen von der Politik erhalten haben». Dazu kommen grosse Personalsorgen bei der Policia Local. Wohlfeil: «Die Beamten haben weitaus wichtigere Probleme, als Touristen mit offenen Bierbüchsen zu jagen.»