Hat Wladimir Putin (69) Impfstoff-Spionage betrieben? Davon ist Grossbritannien überzeugt. Die Sicherheitsdienste werfen Russland vor, die Blaupausen für die Astrazeneca-Impfung gestohlen und daraus Sputnik V hergestellt zu haben.
Die Behörde gibt an, Beweise dafür zu haben, dass wichtige Daten aus der Fabrik gestohlen wurden – einschliesslich des Entwurfs für den Covid-Impfstoff, berichtet die britische Zeitung «The Sun». Die Briten glauben, dass ein ausländischer Agent persönlich involviert war und die Dokumente ausser Landes gebracht hat.
Denn nach Angaben des Sicherheitsdienstes soll es Parallelen zwischen dem britischen und dem russischen Impfstoff geben. In beiden Fällen handelt es sich um vektorbasierte Impfstoffe. Für den vollen Schutz braucht es jeweils zwei Dosen, und beide Flüssigkeiten müssen bei Temperaturen zwischen zwei und acht Grad gelagert werden.
«Müssen uns ernsthaft mit russischer Spionage beschäftigen»
Der britische Innenminister Damian Hinds (51) äusserte sich nicht konkret zu dem Vorfall, sondern blieb allgemein. «Es gibt immer wieder ausländische Staaten, die an sensible Informationen, manchmal auch an Geschäftsgeheimnisse, herankommen wollen», sagte er.
Der konservative Abgeordnete Bob Seely (55) geht mit Putins Regierung dagegen härter ins Gericht. «Ich denke, dass wir uns ernsthaft mit russischer und chinesischer Spionage beschäftigen müssen. Und ob es sich um den Diebstahl von Astrazeneca-Blaupausen oder Erpressung durch Energie durch diese autoritären und totalitären Regime handelt», sagt er zu «The Sun».
Russland selber streitet die Vorwürfe ab. Dmitri Peskow, Pressesprecher im Kreml, betont, dass der Artikel in einer «sehr bekannten, zutiefst unwissenschaftlichen Zeitung» veröffentlicht wurde. «Und so gehen wir mit diesen Veröffentlichungen auch um.» Auf der Seite des russischen Impfstoffs-Herstellers ist gar die Rede von Fake News.
Auf die Formel habe man schon früher zurückgegriffen
Die Meldung sei «eine dreiste Lüge, die sich auf anonyme Quellen stützt». Der Artikel ergebe «keinen wissenschaftlichen Sinn». Die Publikation sei «unethisch und schade den weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Coronavirus», heisst es weiter in der Stellungnahme.
Trotz Ähnlichkeiten gebe es auch Unterschiede zwischen den beiden Impfstoffen. So basiert Sputnik auf zwei Arten menschlicher Adenoviren der Serotypen Ad26 und Ad5, während sich im Astrazeneca-Wirkstoff eine abgeschwächte Version eines Erkältungsvirus von Schimpansen befindet.
Ausserdem habe das für die Entwicklung von Sputnik zuständige Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie bereits früher auf dieselbe Formel zurückgegriffen – namentlich bei der Herstellung von Impfungen gegen Ebola- und Mers-Viren. (man)