Experte über die neue Weltordnung
Wie stark ist die Allianz von Russland und China gegen Trump?

Der 47. US-Präsident Donald Trump hatte schon lange vor seiner Amtseinführung seine «America First»-Strategie immer wieder betont. Dem gegenüber steht eine Allianz zwischen Wladimir Putin und Xi Jingping – zumindest scheint es so. Doch die Welt ist viel komplexer.
Publiziert: 24.01.2025 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2025 um 18:41 Uhr
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Donald Trump verfolgt eine Strategie: America First.
Foto: imago/MediaPunch

Auf einen Blick

  • Trump setzt auf «America First», China und Russland betonen Verbundenheit
  • Multilateralismus unter Druck, Staaten verfolgen eigene Interessen
  • Über 130 ehemalige Kolonien sind zu selbstbewussten Akteuren geworden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Denis MolnarJournalist

«Die Vereinigten Staaten werden wieder wachsen und ihren Wohlstand mehren. Wir werden die Flagge zu neuen Horizonten tragen und Astronauten ins All schicken, um die ‹Stars and Stripes› auf dem Planeten Mars zu hissen.» Donald Trump (78) liess bei seiner Antrittsrede als 47. US-Präsident am Montag in Washington keinen Zweifel daran, in welche Richtung seine Politik in den nächsten vier Jahren zeigt – «America First».

Einen Tag nach Trumps Antrittsrede betonten der russische Staatschef Wladimir Putin (72) und sein chinesischer Kollege Xi Jinping (71) die enge Verbundenheit ihrer Länder. In einem Telefonat sprach man über internationale Politik, der Kremlchef unterstrich die gemeinsamen Interessen. Man sei sich einig, «wie die Beziehung grosser Staaten untereinander aussehen sollte». China ist für Russland der wichtigste Handelspartner, während Russland den Grossteil seines Öls an China liefert. Man hätte den Eindruck bekommen können, Russland und China seien beste Freunde bis in alle Ewigkeit. Ein solches Bild verzerrt indes die Realität.

Multilateralismus steht stark unter Druck

«Wichtig ist, zu verstehen, dass alle souveränen Staaten dieser Welt an erster Stelle ihre eigenen Interessen verfolgen», sagt Christoph Frei, Professor für Politikwissenschaften von der Universität St. Gallen, im Gespräch mit Blick. «Rund 200 souveräne Staaten schauen primär zu sich selbst. Mit anderen spannt man dann zusammen, wenn Interessen übereinstimmen, wenn alle Parteien sich einen Vorteil verschaffen und profitieren können.»

Professor Christoph Frei von der HSG.
Foto: Philippe Rossier

Heute stehe der lange Zeit dominante Multilateralismus, der viele Akteure an einem grossen Tisch versammelt und nach Übereinstimmungen und Lösungen sucht, stärker unter Druck als auch schon. «Mächtige Staaten ziehen es vor, ihre Marktgrösse, ihre wirtschaftliche und militärische Macht in bilateralen Konstellationen – eins gegen eins – besser in Stellung zu bringen, um ihre Interessen durchzusetzen.» Tatsache sei aber auch, dass die wirtschaftliche Verflechtung weltweit nach wie vor enorm ausgeprägt sei. «Von globaler Arbeitsteilung und internationalen Wertschöpfungsketten profitieren alle, weil Waren und Dienstleistungen günstiger zu haben sind.»

«Politisch fehlt es Europa an Einigkeit»

Derweil tue sich Europa noch immer enorm schwer damit, mit einer Stimme zu sprechen, wie Frei ausführt. «Es gibt zwar einen starken Binnenmarkt, die EU ist eine regulatorische Supermacht, vor der sich alle in Acht nehmen müssen, die dort etwas verkaufen wollen. Politisch hingegen fehlt Europa noch immer die Einigkeit, fehlt der klar erkennbare politische Wille. Das macht sich Trump zunutze.»

Ein kleiner, feiner Vorgeschmack, was auf Europa zukommen könnte, zeigte die Gästeliste bei der Amtseinführung von Trump. Im Kapitol nicht anwesend waren EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen (66), der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (66) oder der französische Staatspräsident Emmanuel Macron (47). Sie repräsentieren das alte Europa, dem Trump in einer multipolaren Welt nicht mehr das Händchen halten will.

Vergifteter Nationalismus als grösste Herausforderung

Neu sei überdies, dass sich der globale Süden immer stärker emanzipiere. Habe man früher noch auf Länder in Südamerika, in Afrika oder Asien Druck ausüben können, seien über 130 ehemalige Kolonien in der Zwischenzeit zu selbstbewussten Akteuren geworden, «die ihren rechtmässigen Platz in der Welt beanspruchen». Auch sie verfolgten ihre eigenen Interessen und wollten vermeiden, «von der einen oder anderen Supermacht vereinnahmt zu werden».

Die grösste Herausforderung sieht Frei in einem vergifteten Nationalismus, der mit einem gesunden Patriotismus nichts mehr zu tun habe. «Wenn wir anfangen, wirtschaftlichen Verflechtungen unter der Flagge ‹my country first› aufzubrechen, eigene Märkte über Zölle oder andere Handelsschranken zu schützen oder gar abzuschotten, dann erwarten uns schwierige Zeiten – und weniger Wohlstand.»

«Auf die einfache oder die harte Tour»

Passend dazu schrieb Trump am Mittwoch in seinem Onlinenetzwerk Truth Social, dass – wenn nicht bald ein «Deal» zum Ende des Kriegs gemacht werde – er keine andere Wahl habe, «als Steuern, Zölle und Sanktionen auf alles zu verhängen, was von Russland an die Vereinigten Staaten verkauft wird». Der US-Präsident schrieb weiter: «Wir können es auf die einfache oder auf die harte Tour machen – und die einfache ist immer besser.»

Bereits am Dienstag hatte er Putin mit einer Verschärfung der Russland-Sanktionen gedroht. Gleichzeitig beschwor er, dass er das russische Volk liebe und es nicht in seiner Absicht stünde, Russland zu schaden. «Es ist an der Zeit, einen Deal zu machen», beendete Trump seinen Beitrag.

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