Auf einen Blick
- Hurrikan Milton bedroht Florida mit 320 km/h Windspitzen
- Hurrikanjäger fliegen direkt durch den Sturm für wichtige Daten
- NOAA-Flugzeug Miss Piggy trotzt massiven Turbulenzen
- Tampa Flughafen streicht 80 Prozent der Flüge wegen Hurrikan
- Ständige Protokoll-Updates verbessern Flugsicherheit
Windspitzen von über 300 km/h, meterhohe Sturmfluten, Evakuierungen ganzer Regionen: Hurrikan Milton kratzt am schwer Vorstellbaren. Der tropische Wirbelsturm rast derzeit in Richtung Florida und droht den Westen des Sunshine States platt zu walzen.
Während andere flüchten, stürzen sich sogenannte Hurrikanjäger mitten ins Chaos. Aufnahmen vom Dienstag zeigen, wie eine Lockheed-Maschine, bekannt als Miss Piggy, in einen der stärksten je registrierten Hurrikane hineinfliegt. Das Flugzeug gehört der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) und sammelt wichtige Daten zur Forschung und für die Vorhersage tropischer Wirbelstürme. Was auffällt: Trotz der Ausnahmesituation und massiven Turbulenzen bleiben die Piloten extrem ruhig und konzentriert.
«Das ist eine andere Welt»
«Das sind ganz hartgesottene Kerle, wirklich harte Knochen», sagt Luftfahrtexperte Stefan Hinners gegenüber Blick. Der Hamburger ist öffentlicher Sachverständiger für Flugbetrieb, Flugunfalluntersuchung und Betriebsausfallschäden und fliegt selbst aktiv als Privat- und Berufspilot um die Welt. Die jeweiligen Crews seien enorm gut geschult und sich das Navigieren unter derart schwierigen Bedingungen gewöhnt. «Das ist eine andere Welt», betont der Experte.
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Die Hurrikanjäger fliegen mit Militärflugzeugen direkt durch den Wirbelsturm hindurch. Die Maschinen sind mit speziellen Sonden, Sensoren und Radargeräten ausgestattet. So können kleinste Details über Windrichtung und -geschwindigkeit, Druck, Feuchtigkeit und Temperatur erfasst werden. «Sie fliegen in den Hurrikan hinein, schneiden, tauchen und winden sich durch heulende Winde, blendenden Regen und heftige Auf- und Abwinde, bevor sie in die relative Ruhe des Sturmherdes eintreten», schreibt die NOAA auf ihrer Website. «Mit einem normalen Kleinflugzeug geht so etwas nicht. Und auch mit einem Verkehrsflugzeug fliegt man nicht ohne Not in eine solche Wettersituation», erklärt Hinners. Wegen der ungeheuren Kräfte finden sich auch keine losen Gegenstände an Bord. «Da ist normalerweise alles befestigt.»
Beim Flug der Miss Piggy vom Dienstag war das zunächst wohl auch der Fall. Aber gegen die extremen Turbulenzen hatten die Halterungen schliesslich keinen Stich. Grosse Teile des Inventars lagen auf dem Flugzeugboden verstreut, das überraschte selbst die erfahrenen Piloten, wie in einer Aufnahme des Fluges zu sehen ist.
«Ständiger Verbesserungsprozess»
Mit einem normalen Verkehrsflugzeug könne man das gar nicht vergleichen, da stehen die Sicherheit und der Passagierkomfort im Vordergrund. Die zivile Luftfahrt werde einen Hurrikan «nur» in der Peripherie des Sturmes streifen. «Trotzdem kann es da auch zu heftigen Turbulenzen kommen», unterstreicht Hinners. Dank ständig aktualisierter Informationen werden die Flugrouten insoweit angepasst. «Zudem gibt es für Piloten bindende Verfahrensanweisungen, die einem ständigen Verbesserungsprozess unterliegen. Die Anweisungen sind immer zugunsten der Sicherheit ausgelegt.»
Wirds richtig schlimm, müssen auch Annullationen in Kauf genommen werden. Am Flughafen Tampa wurden in den vergangenen Stunden rund 80 Prozent der Flüge gestrichen. Erst am Freitag soll der Betrieb wieder langsam hochgefahren werden.