Experte erklärt, warum Liebes-Chats schnell tödlich enden können
Putins Soldaten müssen auf Dating-Apps verzichten

Dating-Apps und Kameras aus! Der Kreml hat Angst, dass Soldaten und Evakuierte geheime Informationen preisgeben. Tatsächlich haben sich die Ukrainer darauf spezialisiert, den Feind über die Liebesmasche auszuspionieren.
Publiziert: 21.08.2024 um 18:38 Uhr
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Wladimir Putin untersagt den Soldaten an der Front die Benutzung von Liebes-Apps.
Foto: keystone-sda.ch
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Guido FelderAusland-Redaktor

Liebestolle Soldaten und evakuierte Zivilisten werden dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (71) zum Verhängnis. Die Ukrainer nutzen Dating-Apps, um Standorte des Feindes herauszufinden und ihm Informationen zu entlocken. Jetzt kommen aus dem Kreml Warnung und Aufforderung an die Front in Kursk: Alle Dating-Apps ausschalten!

Tatsächlich nutzen die Ukrainer die Plattformen im Krieg. Und das mit Erfolg.

Bekannt sind etwa Fälle aus Cherson. Als die Russen 2022 in die südukrainische Stadt einfielen, nahmen junge Ukrainerinnen über Dating-Plattformen und Apps wie Telegram Kontakt zu russischen Soldaten auf. Indem sie sich als Russinnen mit einer Schwäche für Männer in Uniform ausgaben, gewannen sie ihr Vertrauen und konnten ihnen in teils monatelangen Konversationen Informationen entlocken.

Rekruten wollen sich die Last von der Seele reden

Gegenüber Medien sagte Andrii Yusow vom Nachrichtendienst des ukrainischen Verteidigungsministeriums, dass solche Informationen genau geprüft würden und sie oft wirklich nützlich seien. 

Medien berichten, dass ukrainische Spezialisten selber mit künstlicher Intelligenz falsche Profile kreierten. Die Fake-Frauen hätten es insbesondere auf unerfahrene und sensible Rekruten abgesehen, die unbedingt über ihre Erfahrungen im Krieg reden wollten. 

Besonders beliebt ist die App Grindr, das Kontaktportal für LGBTQ. Grindr hatte laut «Daily Mail» die britischen Geheimdienste darauf hingewiesen, dass Russland den Einfall in die Ukraine plante. Der deutsche Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom (70) sagte in einem Interview auf «3sat»: «Wenn sich ein russischer Soldat als Schwuler bekennt bei Dienstkräften, wo Homophobie herrscht, ist er extrem erpressbar. Man kann ihn per Handy dazu zwingen, nachrichtendienstliche Informationen zu liefern, wenn er nicht will, dass man seine sexuellen Neigungen seinen Vorgesetzten mitteilt.»

Kameras ausschalten

Nebst vor Dating-Apps warnt der Kreml jetzt auch vor dem Betrieb von Online-Kameras. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit: «Der Gegner identifiziert in grossem Umfang IP-Adressen auf unserem Territorium und verbindet sich aus der Ferne mit ungesicherten Kameras, die von privaten Höfen bis hin zu strategisch wichtigen Strassen und Autobahnen alles überwachen.»

Auch Videos von Fahrten auf Strassen dürfen nicht aufs Netz gestellt werden. Damit will der Kreml verhindern, dass die Ukrainer militärisches Gerät und deren Position identifizieren können. Zudem müssen Kriegsgefangene Kontakte auf dem Telefon löschen, damit die Ukrainer nicht andere Soldaten identifizieren oder kontaktieren können. 

Auf Russen bändeln an

Umgekehrt spionieren auch die Russen den Westen via Dating-Apps aus. So ist in den USA vor kurzem ein 63-jähriger Ex-Offizier festgenommen worden. Er stand mit einer angeblich in der Ukraine lebenden Frau in Kontakt, der er sensible Informationen etwa über militärische Ziele weitergegeben haben soll. 

In Deutschland sind Politiker und Bundeswehrangehörige gewarnt worden. Dies, weil gemäss «Welt am Sonntag» russische Agenten und Agentinnen auf Tinder gezielt Ausschau nach Opfern hielten. Der deutsche Militärische Abschirmdienst warnte, dass Angehörige anderer Nachrichtendienste soziale Medien nutzten, «um gezielt Kontakte zu Bundeswehrangehörigen aufzubauen und zu versuchen, diese abzuschöpfen oder anzubahnen». 

Der jüngste Aufruf aus dem Kreml betrifft laut Erich Schmidt-Eeenboom in erster Linie die evakuierten Russen aus der Region Kursk. Gegenüber Blick sagt der Experte: «Der Kreml will verhindern, dass diese Leute lagerelevante Informationen vermitteln, etwa ob Tschetschenen oder russische Verbände von Kaliningrad vor Ort sind.» 

Das Fischen von Informationen über Apps gehört heute zu jedem Krieg. Schmidt-Eenboom relativiert aber: «Am Ende sind es kleine Mosaiksteine, die zur Aufklärung dienen.» 

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