Europäische Klimajugend trifft sich diese Woche in Turin
Greta soll nur noch die zweite Geige spielen

Bei einem Gipfeltreffen im italienischen Turin will Fridays for Future neue Energie sammeln – und mit alten Strukturen brechen. Kann das gelingen?
Publiziert: 24.07.2022 um 10:21 Uhr
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Aktualisiert: 25.07.2022 um 08:32 Uhr
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Sie startete die Klimastreikbewegung: Greta Thunberg am 25. Juni 2022 bei einer Rede am Glastonbury Festival in England.
Foto: AFP
Fabienne Kinzelmann

Rekordtemperaturen, Dürre und Hitzetote in Westeuropa. Zum zweiten Gipfeltreffen von Fridays for Future könnte die Situation kaum dringlicher erscheinen. Ab Montag treffen sich rund 450 junge Klimastreik-Aktivistinnen und -Aktivisten aus ganz Europa in Turin (I) für Workshops und Diskussionen, wie es mit der Bewegung weitergehen soll. Erwartet werden auch bekannte Aktivistinnen wie Greta Thunberg (19) und Luisa Neubauer (26). Doch sie sollen im Hintergrund bleiben.

«Dass Greta und Luisa kommen, ist nicht so wow als wäre es jetzt Harry Styles», sagt Ella Frei (15) aus Luzern, eine von insgesamt 24 Schweizer Aktivistinnen und Aktivisten, die am Treffen in Turin teilnehmen. Auch Cyrill Hermann (18) aus Zürich hofft, dass die Klimaikonen keine grosse Rolle mehr spielen: «Wir müssen in unserer Bewegung noch mehr Diversität schaffen, damit uns dies gelingt, müssen sich Luisa und Co. aber aktiver zurücknehmen.»

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Mapa-Aktivisten sollen wichtiger werden

Ein deutlicher Wandel im Vergleich zum ersten Gipfeltreffen im August 2019 in Lausanne VD, bei dem die Schwedin Thunberg klar im Mittelpunkt stand. Die Schülerin hatte mit ihrem einsamen Klimaprotest vor dem Parlament in Stockholm die Gründung von Fridays for Future ausgelöst. Über Vertraute teilt sie SonntagsBlick mit, in Turin nur als «normale» Aktivistin mitdiskutieren zu wollen.

Stattdessen will die Bewegung Aktivistinnen und Aktivisten aus bereits besonders vom Klimawandel betroffenen Ländern in den Vordergrund stellen. 16 dieser sogenannten Mapa-Aktivisten (Most Affected People and Areas) etwa aus Inselstaaten wie Indonesien wurden extra zum europäischen Gipfeltreffen eingeladen.

Auch der Schweizer Klimaaktivistin Frei liegt das Thema am Herzen. «Wir müssen etwa diskutieren, wie wir mit Finanzen umgehen. Wir Aktivisten in der Schweiz haben zum Beispiel viel mehr Geld als diejenigen in Kenia. Wir spenden ihnen für Aktionen manchmal was – aber es ist bisher unsystematisch.»

Radikalere Gruppierungen gestalten Programm mit

Auf dem fünftägigen Programm stehen etwa diese Auflösung ungleicher Strukturen – die sogenannte «De-Kolonialisierung» –, die internationale Vernetzung, Medienarbeit – aber auch die Frage nach Aktionsformen und neuen Strategien. Parallel zum europäischen Fridays-for-Future-Treffen auf dem Campus der Turiner Universität findet ausserdem das für die Öffentlichkeit offene Climate Social Camp im Colletta-Park am Fluss Po statt. Hier erwarten die Organisatorinnen und Organisatoren rund 1000 Teilnehmer.

«Es ist wichtig, dass wir uns alle nach drei Jahren endlich wieder treffen können», sagt Mediensprecher Giorgio Brizio (20), der sonst internationale Beziehungen studiert. Ein konkretes Ziel wie etwa eine gemeinsame Deklaration gibt es nicht. Doch eine Änderung zum ersten Gipfeltreffen ist auffällig: Sorgte die Diskussion über Protest-Grenzen und zivilen Ungehorsam vor drei Jahren in Lausanne noch für Zoff und Tränen, sind für ihren radikaleren Protest bekannte Gruppen wie Extinction Rebellion, Ende Gelände und End Fossil: Occupy nun beteiligt.

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