Im Zuge der Ermittlungen zum Korruptionsskandal im Europäischen Parlament sind zwei weitere Parlamentarier in Gewahrsam genommen worden. Betroffen ist der belgische Sozialdemokrat Marc Tarabella (59), wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Brüssel am Samstag der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Er war bereits am Freitag festgenommen worden.
Gegen Tarabella wurde bereits seit längerem ermittelt. Dem 59-Jährigen werden den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge Korruption, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Neben Tarabella war am Freitag in Neapel auch der italienische Abgeordnete Andrea Cozzolino (60) im Zusammenhang mit den Ermittlungen festgenommen worden.
Drahtzieher packt aus
In dem Korruptionsskandal geht es um die mutmassliche Einflussnahme auf parlamentarische Entscheidungen aus Katar und Marokko. Im Dezember wurden bereits die damalige Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Eva Kaili (44) aus Griechenland und mehrere andere Verdächtige festgenommen. Ihnen wird ebenfalls Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption zur Last gelegt.
Belastet wird Tarabella, der auch Bürgermeister der belgischen Gemeinde Anthisnes ist, unter anderem von Aussagen vom ehemaligen italienischen EU-Parlamentarier Pier Antonio Panzeri (67). Der mutmassliche Drahtzieher in dem Korruptionsskandal hat ausgesagt, dass er Tarabella für seine Hilfe im Zusammenhang mit Katar in mehreren Raten mehr als 120'000 Euro in bar gegeben habe.
Belgische Ermittler hatten im Dezember bereits das Haus von Tarabella durchsucht und später beim Parlament beantragt, seine Immunität aufzuheben. Aus der sozialdemokratischen Fraktion wurde er wie Cozzolino bereits ausgeschlossen.
Panzeri hatte im Januar eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft unterschrieben, in der er zugesagt hatte, umfassend zur Aufklärung des Korruptionsskandals beizutragen. Der Deal sieht vor, dass er im Gegenzug für seine Kooperation weniger lang ins Gefängnis muss, dafür aber eine Geldstrafe zu zahlen hat. Ausserdem sollen seine gesamten erworbenen Vermögenswerte eingezogen werden, die derzeit auf eine Million Euro geschätzt werden.
Fraktionen stimmen Reformen zu
Tarabella beteuert nach Angaben seines Anwalts weiter seine Unschuld und wirft Panzeri Falschaussagen vor. «Das einzige belastende Element gegen meinen Mandanten sind die Bemerkungen von Herrn Panzeri», sagte dieser am Samstag laut der belgischen Nachrichtenagentur Belga. Sein Mandant werde weiter darum kämpfen, dass seine Unschuld anerkannt werde.
Im Europäischen Parlament sorgt der Skandal seit Wochen für Unruhe und Entsetzen. Um das Risiko weiterer ähnlicher Ereignisse zu mindern, stimmten die Vorsitzenden der Fraktionen bereits am vergangenen Mittwoch ersten Reformen für eine bessere Vorsorge gegen Korruption zu.
So sollen die Meldepflichten für Treffen mit Diplomaten und Interessenvertretern aus Nicht-EU-Ländern ausgeweitet werden. Zudem sind ein Verbot bestimmter «Freundschaftsgruppen» mit Kontakten zu Drittstaaten und eine stärkere Zusammenarbeit mit nationalen Behörden vorgesehen. (SDA/ced)