Erst vergangene Woche kursierte im Netz ein erschreckendes Enthauptungsvideo. Zu sehen war ein noch ukrainischer Kriegsgefangener, der von einem russischen Soldaten geköpft wurde. Jetzt veröffentlicht die Menschenrechtsorganisation «Gulagu.net» aufgezeichnete Videogespräche, in dem zwei Ex-Wagner-Kommandanten über zahlreiche weitere Gräueltaten berichten, die sie in der Ukraine begangen haben sollen. Ihre Schilderungen sind kaum zu ertragen.
So spricht der ehemalige Kommandant, Azamat U.*, darüber, wie er in Bachmut Kinder ermordet hat – darunter auch ein «fünf- oder sechsjähriges Mädchen». «Sie weint, sie ist ein kleines Kind, weisst du. Und ich habe einen tödlichen Schuss abgegeben», so U. in dem Video.
«Lasst niemanden entkommen»
Ihm und seinen Männern sei befohlen worden, «jeden zu eliminieren – Männer, Frauen, ältere Menschen und Kinder». Die Anweisungen hätten sie von Vorgesetzten erhalten. So soll Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (61) selbst gesagt haben: «Lasst niemanden entkommen.»
Wie U. berichtet, seien er und seinen Kameraden den Befehlen gefolgt und hätten zahlreiche Zivilisten – darunter auch Kinder – getötet. Auch an der Front hätte man die Soldaten dazu angehalten, gnadenlos alle aus dem Weg zu räumen.
Diesem skrupellosen Vorgehen seien teilweise gar Kameraden aus den eigenen Reihen zum Opfer gefallen. So gesteht der Ex-Kommandant Alexey S.* im Video, bis zu 70 gefangene Rekruten hingerichtet zu haben, die sich weigerten, auf dem Schlachtfeld Befehle zu befolgen.
Kommandant musste alle Menschen in Wohnhaus erschiessen
Im Januar dieses Jahres habe S. in Bachmut zudem auf Anweisung mehr als zwei Dutzend Granaten in eine mit toten und verwundeten Ukrainern und Russen gefüllte Grube geworfen. Die Überreste der zirka 60 Leichen hätte er dann mit Benzin übergossen und verbrannt.
Auch S. war gezwungen, Minderjährigen das Leben zu nehmen. Wie er berichtet, musste er auf Befehl seiner Vorgesetzten 10 Jugendliche und mehr als 20 unbewaffnete Ukrainer töten. Zudem sei er mit damit beauftragt worden, ein Wohnhaus zu «säubern» und alle darin befindlichen Personen zu erschiessen.
Die Reaktion der Ukraine auf die veröffentlichten Videos liess nicht lange auf sich warten. In den sozialen Medien schrieb Andrij Jermak (51), Stabschef des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45): «Ein Geständnis reicht nicht aus. Es muss eine Strafe geben. Hart und fair. Und das wird sie definitiv sein.»
Auf Telegram weist Wagner-Boss Prigoschin die Vorwürfe von sich. Über seine Sprecher auf Telegram erklärte er, dass seine Soldaten keine Zivilisten hinrichten, weil dies unnötig und kontraproduktiv sei. «Schliesslich sind wir dorthin (in die Ukraine) gegangen, um sie vor dem Regime zu retten, dem sie unterworfen waren», so Prigoschin. (dzc)
* Namen bekannt