«Es ist hart, zu sehen, wie die Jungen sterben»
Ukraine schickt immer wieder neue Soldaten nach Bachmut

Die Stadt Bachmut ist hart umkämpft. Präsident Selenski versucht die Stadt um jeden Preis zu halten. Dafür braucht es immer wieder Nachschub an Soldaten.
Publiziert: 10.03.2023 um 15:33 Uhr
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Unerbittlich verteidigen die Ukrainer die Stadt Bachmut.
Foto: keystone-sda.ch

Motiviert, aber müde macht sich eine weitere Gruppe von ukrainischen Soldaten auf den Weg nach Bachmut im Osten des Landes, wo sich ukrainische und russische Truppen seit Monaten extrem verlustreiche Gefechte liefern. In Tschassiw Jar, fünf Kilometer Luftlinie von Bachmut entfernt, warten die Männer auf ihr Transportfahrzeug. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) hat in dieser Woche den Befehl gegeben, nicht zu weichen und die Verteidigung der zu einem Symbol gewordenen Stadt noch einmal zu verstärken. Zuvor hatte die russische Söldnertruppe Wagner erklärt, sie habe inzwischen den Ostteil der Stadt erobert – Kiew fürchtet, die Stadt könnte bald eingekesselt werden.

«Wir wissen nicht, wohin wir fahren, das ist vertraulich – aus Sicherheitsgründen», sagt einer der Soldaten, der sich den Kriegsnamen Kit gegeben hat, zur Nachrichtenagentur AFP. Er ist der Scharfschütze der Gruppe, die mit russischen Kalaschnikows, Raketenwerfern und modernen schwedischen Waffen ausgerüstet ist. Neben Schlafsäcken und Schlafmatten haben sie auch Essensvorräte dabei, von Konservendosen bis Energydrinks. Die Soldaten umbinden Helme und Oberarme mit grünem Klebeband – als Wiedererkennungszeichen – dann besteigen sie das Kettenfahrzeug.

«Sie verdienen es, menschenwürdig beerdigt zu werden»

Nach der Lage in Bachmut gefragt, antwortet der Fahrer Serhij: «Es ist hart, sehr hart.» Der 34-Jährige fährt regelmässig Soldaten an die Front und wieder zurück. «Seit zwei Monaten, jeden Tag, egal ob es schneit oder regnet. Es ist schlammig. Aber sie kämpfen immer weiter.»

Als erste Stadt westlich von Bachmut ist Tschassiw Jar regelmässig Zielscheibe russischer Angriffe. Die Stadt hatte vor dem Krieg 14'000 Einwohner, jetzt schleichen die verbliebenen Menschen wie Schatten durch die schlammigen Strassen. Die Fensterscheiben der Hochhäuser sind weitgehend zerbrochen, in der Umgebung ertönt ununterbrochen das Artilleriefeuer der ukrainischen Armee. Ältere sowjetische Kampfpanzer der ukrainischen Armee durchqueren regelmässig die Stadt, aber auch modernere westliche Allradfahrzeuge.

Ambulanzen sind ständig im Einsatz. «Wir holen die Verletzten und, im schlimmsten Fall, die Leichen», sagt ein Arzt. «Es ist schwierig, aber wir halten durch. Es ist hart, zu sehen, wie die Jungen sterben. Ich hoffe, es ist nicht umsonst. Sie verdienen es, menschenwürdig beerdigt zu werden, nicht nur irgendwo auf einem Feld. Sie sollten in der Nähe ihrer Häuser begraben werden.» Er und sein Kollege sagen, dass die russischen Truppen oft versuchen, Krankenwagen unter Beschuss zu nehmen.

«Wir glauben an unsere Infanterie da drüben, auch wenn es dort die Hölle ist»

In den Wäldern um Tschassiw Jar liegt der 22-jährige Schütze Andrij in Deckung, während um ihn herum heftiges Kanonenfeuer zu hören ist. Er wartet mit seiner leichten US-Haubitze M119 auf die Durchsage der Koordinaten seines Ziels. Als ein Schuss aus einer russischen Haubitze in seiner Nähe einschlägt, ruft Andrij dazu auf, mit ihm in einem Schützengraben in Deckung zu gehen. Die feuchte Erde hängt an den Schuhen, die immer schwerer werden.

Nach ein paar Stunden bekommt Andrij die Ansage der Koordinaten. «Unser Hauptziel ist es, die Einkreisung von Bachmut zu verhindern. Wir, aber auch die Artillerie. Wir glauben an unsere Infanterie da drüben, auch wenn es dort die Hölle ist», sagt Andrij.

Auf zwei der Haubitzen ist der Schriftzug «für Da Vinci» auf dem schwarzen Filz zu lesen. Da Vinci war der Kriegsname von Dmytro Koziubailo, der sich mit 18 Jahren schon 2014 freiwillig als Kämpfer gegen die russischen Truppen gemeldet hatte; er kam am Dienstag in Bachmut ums Leben. Nach einer knappen Stunde und mehr als einem Dutzend abgegebenen Schüssen meldet Andrijs Vorgesetzter, dass er sein Ziel getroffen hat. (AFP)

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