Der Strike 4 Future war eine Enttäuschung. Man habe «Schulter an Schulter» mit den Gewerkschaften gekämpft, «Zehntausende» seien auf die Strasse gegangen, feiert der Klimastreik seinen Aktionstag vom Freitag in seinen Medienmitteilungen.
Doch wer etwa in Zürich unterwegs war, dem bot sich ein anderes Bild.
Der «Klimalärm» um 11.59 Uhr verpuffte. An der Langstrasse wummerten nur Bässe aus der Olé Olé Bar, der Regen prasselte nieder. In der Unterführung daneben gab es eine Kunstinstallation: Aus mehreren Lautsprechern dröhnte ein Text gegen alle möglichen Ismen (Rassismus, Kapitalismus, Ableismus ... nur der Atheismus fehlte). Es ging um alles, ausser ums Klima.
Am 13. Juni stimmt die Schweiz über das CO₂-Gesetz ab. Aber den Tag über und beim Demozug am Abend spielte die vermutlich wichtigste Klimaabstimmung keine Rolle: Der Klimastreik hat keine Parole zum CO₂-Gesetz gefasst, weil die Bewegung darüber zerstritten ist. Ein Teil hat das Referendum ergriffen.
Der Klimastreik verzettelt sich. Die einen sind nach zweieinhalb Jahren Kampf fürs Klima erschöpft – die anderen so ideologisch aufgeladen, dass sie alle Ungerechtigkeitskämpfe gleichzeitig ausfechten wollen. Im frisch aufgeflammten Nahostkonflikt ging das so weit, dass Aktivistinnen und Aktivisten aus Solidarität mit Palästina in den sozialen Netzwerken antisemitische Posts veröffentlichten.
Das CO2-Gesetz abzulehnen oder zu ignorieren, weil es nicht sicher zum 1,5-Grad-Ziel führt, ist keine Systemkritik, sondern Systemverachtung. Das ist in etwa so wie wenn die Klimajugendlichen in der zweiten Corona-Welle Masken abgelehnt hätten, weil es keinen richtigen Lockdown gab.
Dass die Klimajugend ihr Kerngeschäft vernachlässigt, ist nicht strategisch – sondern hochgradig gefährlich.