Grossbritannien erlebt spektakuläre Lieferausfälle. Geschlossene Tankstellen, lange Schlangen vor den geöffneten. Diese Bilder erreichen uns täglich von der Insel. Weil Lastwagenfahrer fehlen, gehen aber nicht nur an den Zapfsäulen Benzin und Diesel aus. Es fehlt immer häufiger an Alltäglichem.
Trotz der Engpässe will Premierminister Boris Johnson (57) die verschärften Einwanderungsregeln nicht lockern. Kämen massenhaft günstige Arbeitskräfte ins Land, würden die Gehälter nicht steigen und die Qualität der Arbeitsplätze nicht besser werden, so Johnsons Befürchtungen.
Krise dauert wohl bis Weihnachten
Für die Briten könnte es darum noch dicker kommen: Boris Johnson sagte in einem Interview mit der BBC, die Krise könnte noch bis zu den Festtagen andauern. Das hat weitreichende Folgen für die gesamte Wirtschaft. Welche Produkte sind betroffen? Eine Übersicht:
Bier
Fast nichts ist den Briten heiliger, als für ein paar Pints ins Pub zu gehen. Was aber immer öfter fehlt, ist das Bier. Wetherspoons, einer der grössten Pub-Betreiber, gab kürzlich bekannt, es gebe Lieferprobleme bei bestimmten Biersorten. Weil auch hier Lastwagenfahrer fehlen, die den Gerstensaft zu den Pubs transportieren.
Speck
Weil es zu wenige Metzger gibt, die die Schweine der Bauern verarbeiten können, müssen viele der toten Tiere womöglich entsorgt werden. 120’000 bereits geschlachtete Schweine sollen auf Farmen herumliegen. Am Montag demonstrierten Schweinebauern in Manchester, manche trugen Schweinemasken und T-Shirts mit der Aufschrift «Save our bacon» («Rettet unseren Speck»). Auf Plakaten schrieben sie: «Wir müssen das Land füttern, nicht die Mülldeponien».
Truthähne
Die Briten lieben Truthahn als Weihnachtsmenü. Zwischen acht bis neun Millionen Truthähne werden jährlich an Weihnachten konsumiert. Der Grossteil davon stammt von britischen Farmen. Aber auch dort fehlt es an Personal, die Produktion musste bereits um einen Fünftel reduziert werden. Deshalb müssen heuer Truthähne aus der EU importiert werden – die meisten davon aus Polen oder Frankreich.
Christbäume
Nicht genug, dass die Briten zum heiligen Fest polnischen Truthahn essen müssen. Womöglich fehlt dieses Jahr auch ein Christbaum. Zwischen acht und zehn Millionen Weihnachtsbäume werden im Vereinigten Königreich jährlich verkauft. Eine bis drei Millionen davon werden aus Kontinentaleuropa importiert. Weil der Import von Gütern seit dem Brexit aber kompliziert und teuer geworden ist, werden dieses Jahr weniger Exemplare auf dem Markt sein. Und die verfügbaren werden teurer.
Medikamente
Ein britischer Apothekerverband hat am Montag davor gewarnt, dass Medikamentenlieferungen in einzelne Landesteile künftig länger dauern könnten als gewohnt. Der Grund dafür: die Benzinkrise. Der Verband forderte die Regierung dazu auf, Notfallpläne auszuarbeiten, damit Medikamente weiterhin für alle verfügbar bleiben. (oco)