Nach seiner Vergiftung hat der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in einem «Spiegel»-Interview den russischen Präsidenten Wladimir Putin (67) für die Tat verantwortlich gemacht. «Ich behaupte, dass hinter der Tat Putin steht, und andere Versionen des Tathergangs habe ich nicht», sagte er dem Nachrichtenmagazin.
Wie der «Spiegel» am Donnerstag mitteilte, kündigte der 44-Jährige am Vortag bei einem Redaktionsbesuch in Berlin auch an, nach Russland zurückzukehren. «Meine Aufgabe ist jetzt, der Typ zu bleiben, der keine Angst hat. Und ich habe keine Angst!»
«Du fühlst keinen Schmerz, aber du weisst, du stirbst»
Die russische Regierung bestreitet, dass es eine Vergiftung gegeben habe und spricht von einer Provokation und Inszenierung. Der prominenteste Gegner von Kremlchef Putin soll mit dem Nervengift der Gruppe Nowitschok vergiftet worden sein. Der Kampfstoff ist nach dem internationalen Verbot von Chemiewaffen geächtet.
Russische Geheimdienstler und Regierungsmitglieder betonten mehrfach, dass alle Vorräte des zu Sowjetzeiten entwickelten tödlichen Gifts vernichtet worden seien. Zu dem Attentat am 20. August sagte Nawalny: «Du fühlst keinen Schmerz, aber du weisst, du stirbst.»
Nawalny nur noch mit Personenschützern unterwegs
Der Politiker durchläuft nach seiner Entlassung aus der Berliner Klinik Charité inzwischen Reha-Massnahme, um wieder zu Kräften zu kommen. Nawalny, der nach «Spiegel»-Darstellung «rund um die Uhr» von Personenschützern begleitet wird, hatte sich in den vergangenen Tagen auch immer wieder in den sozialen Netzwerken zu Wort gemeldet.
Der Fall hat die Spannungen in den deutsch-russischen Beziehungen noch einmal deutlich verschärft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Nawalny auch in der Klinik besucht hatte, forderte Russland zur Aufklärung des Verbrechens auf. Moskau aber verlangt Beweise für eine Vergiftung und lehnt bis dahin Ermittlungen in dem Kriminalfall ab.
Nawalny war am 20. August während eines Inlandsflugs in Russland zusammengebrochen und später zur Behandlung nach Deutschland gebracht worden. Wochenlang lag er dort im künstlichen Koma. Nach dem Befund eines Bundeswehr-Speziallabors wurde er mit dem Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Das sollen auch Labors in Frankreich und Schweden bestätigt haben. Mit Spannung werden aktuell die Untersuchungsergebnisse der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) erwartet. Danach drohen Russland neue Sanktionen. (cat/SDA)